The Westerner 2
Entwickler:
Revistronic
Publisher:
Atari
Genre:
Adventure
USK Freigabe:
Freigegeben ab 12 Jahren gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
40 €
Systeme:
PC
Inhalt:
Vor ziemlich genau fünf Jahren kam das Adventure The Westerner auf den Markt, der direkte Nachfolger zum eher mittelmäßigen 3 Skulls of the Toltec. Damals wurde der Titel von mir hier auf Splashgames als der Messias des Adventure-Genres gefeiert. Hohe Erwartungen stellte ich also an The Westerner 2.
Meinung:
Halten wir erst einmal fest, was den Vorgänger so göttlich gemacht hat: neben interessanten Charakteren stand vor allem eine ordentliche Portion Humor im Vordergrund, der sich neben der witzigen Story auch über die durchweg logischen Rätsel erstreckte. Außerdem sah die Grafik im Comicstil für die damalige Zeit klasse aus und gute Sprecher vermochten die Geschichte gut zu erzählen. Außerdem lag der Vorgänger dem Spiel bei.
Drama Queen Um es vorweg zu nehmen: dieser Teil hat von diesen Qualitätsmerkmalen nicht ein einziges vererbt bekommen. Das beginnt mit der unsinnigen Entscheidung, das Spiel ernster werden zu lassen. Fort sind die amüsanten Gags und die Situationskomik des Vorgängers. Stattdessen gibt es eine Geschichte, die düster und dramatisch sein möchte, diesen Aspekt aber wegen fehlender Dramaturgiefähigkeiten nicht darstellen kann. Die Geschichte wird in kurzen Zwischensequenzen erzählt, von denen lediglich zwei als interessant bezeichnet werden können.
Rätsellogik Die Spielzeit, die mit einer Lösung keine zwei Stunden betragen würde, wird künstlich durch verschiedene Faktoren verlängert. Allen voran die Tatsache, dass man keinerlei Hinweise auf Rätsellösungen erhält. Ein Objekt kann betrachtet werden, jedoch gibt es dann keinen beschreibenden Kommentar, sondern lediglich eine nähere Ansicht. Benutzt man das richtige Objekt zur falschen Zeit, kommt ein lapidares "Das macht keinen Sinn." ohne einen Hinweis, dass der Weg vielleicht doch irgendwo in die richtige Richtung geht. Schlimmer ist da nur die Tatsache, dass viele Rätsel nur durch Ausprobieren zu lösen sind.
Bereits im ersten Bildschirm gibt es hierauf einen Vorgeschmack. Ein Verletzter liegt vor einem Pferd. Was zu tun ist, ist nicht klar. Durch Herumprobieren, findet man heraus, dass grüne und rote Pflanzen mit einem Messer abgeschnitten werden können. Und nun? Füttert man den Verletzten mit den grünen Kräutern, kommt er zu Bewusstsein. Gibt man ihm die roten, wird er wieder ohnmächtig. Kombiniert man die Pflanzen mit Schlamm, enthält man einen Wickel. Den grünen Wickel zu benutzen, "macht keinen Sinn". Der rote Wickel belebt den Verletzten. Wieso ist das so? Und warum gibt mir meine Spielfigur keinerlei Infos zu diesen Pflanzen? Solche Szenen, in denen die Lösung auch im Anschluss nicht schlüssig ist, gibt es zuhauf.
Veraltet Die Grafikengine wurde aus dem Vorgänger übernommen, was man ihr auch ansieht. Vor fünf Jahren konnten die Figuren noch beeindrucken. Allerdings kam ihnen der comichafte Stil zugute. Fennimore Fillmore selbst wurde nun durch die dramatischere Note des Spiels vom knuffigen Tölpelhelden zum feschen, groß-gewachsenen, bemantelten Revolverschwinger. Alles wirkt düsterer und irgendwie auch leerer und trostloser. Die Kamera schwingt zusammen mit dem Cursor der Maussteuerung mit, wodurch genaues Klicken zur Unmöglichkeit wird. Schlecht nur, dass Schießeinlagen und zeitlich begrenzte Rätsel eingebaut wurden, in denen Hektik aufkommt. Versagt man hier, darf ohne regelmäßiges Speichern am Kapitelanfang wieder begonnen werden. Oftmals sind wichtige Objekte auch außerhalb des Bildschirms und können erst nach frustriertem Suchen entdeckt werden.
Sprachprobleme Witzigen Spielen verzeiht man vieles. Die miese Synchronisation in den Gobliiins-Titeln war beispielsweise recht passend zum schrägen Humor. Und auch in The Westerner konnten die Synchronsprecher ihr komisches Talent unter Beweis stellen - ob gewollt oder nicht. Da sich nun alles zum Ernsten gewendet hat, wird auch mehr von den Sprechern erwartet, die leider gerade in den dramatischsten Szenen an ihre Grenzen stoßen. Gerade die Bösewichte klingen eher lächerlich als angsteinflößend.
Fazit:
Oh mein Gott! Was ist denn hier passiert? Außer dem Titel findet sich zwischen Vorgänger und Nachfolger keine einzige Gemeinsamkeit mehr. Natürlich schreit gerade die Presse immer wieder nach mehr Innovationen, aber lieber ein ordentlicher Nachfolger mit bewährten Qualitäten ein ganz, ganz tiefer Griff ins Klo. The Westerner hat seine Fans durch logische Rätsel und humorvolle Dialoge gewonnen. Genau diese hat man entfernt und übrig bleibt ein sehr kurzes Adventure mit abstrusen Rätseln, unnötigen Schießeinlagen und der Versuch, eine ernste Geschichte zu erzählen, der kläglich scheitert. Wenn wenigstens auch dieses Mal der Vorgänger beigelegt worden wäre....
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