Practise English!
Entwickler:
Nintendo
Publisher:
Nintendo
Genre:
Strategie
USK Freigabe:
Freigegeben ohne Altersbeschränkung gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
30 €
Systeme:
DS
Inhalt:
Damit auch „erwachsene“ Leute, die sich ungern als verspielt outen, eine Legitimation haben, sich einen Nintendo DS zu kaufen, gibt es mittlerweile eine eindrucksvolle Palette von Software für die Doppelbildschirm-Konsole, mit der man die Leistungsfähigkeit des Gehirns trainieren kann. Im Sog des allgegenwärtigen Hirnjoggings sind auch Sprachlernprogramme im Kommen, und so gibt es jetzt mit Practise English! – Meistern Sie typische Alltagssituationen bereits einen Nachfolger zum vor einem Jahr erschienenen English Training.
Meinung:
Wer zum ersten Mal Practise English! – Meistern Sie typische Alltagssituationen startet, könnte sich glatt im falschen Bildungsprogramm wähnen: Die Menüs sehen haargenau so aus wie bei Kollege Kawashima. Allerdings fehlt der schwebende Kopf des freundlichen Brillenträgers, und der DS wird auch nicht in „Buchform“ gehalten. Und der wichtigste Unterschied: Mit dem Doktor aus Japan macht das Trainieren der Hirnwindungen tatsächlich Spaß.
Fräulein Müller, bitte zum Diktat! Practise English! setzt wie schon sein Vorgänger massiv auf das Diktat als vorherrschendes Lehrinstrument. Das bedeutet, man hört einen gesprochenen englischen Satz, den man dann mit dem Stylus auf dem Touchscreen niederschreiben soll. Satzzeichen wie Kommata, Bindestriche und Apostrophe setzt das Programm allerdings selbsttätig, und die Anzahl der geforderten Buchstaben verrät der obere Bildschirm auch schon. Außerdem spielt die Groß- oder Kleinschreibung keine Rolle, und Zahlen werden konsequent als Ziffern geschrieben, was den Lerneffekt zusätzlich schmälert.
Verschreibt man sich trotzdem einmal, ist das auch kein Beinbruch: Das Programm ignoriert stoisch falsche Eingaben und fährt erst fort, wenn der korrekte Buchstabe gesetzt wurde. So kann man sich notfalls sogar mit blindem Raten behelfen, indem man einfach alle Zeichen von „a“ bis „z“ durchprobiert – ein Zeitlimit, das ein solches Vorgehen effektiv unterbindet, gibt es nur beim täglichen Einstufungstest, der fünf Diktat-Sätze mit einer Aufgabe zum Hörverständnis kombiniert. Ansonsten gibt es keinen Grund für Prüfungsangst: Erst wenn man sich vom Programm explizit einen Tipp geben lässt oder sie vorzeitig abbricht, gilt die Übung tatsächlich als nicht bestanden.
Können Sie das lesen? Wer noch nie in seinem Leben etwas mit der englischen Sprache zu tun hatte, ist übrigens aufgeschmissen: Grundlagenwissen wird vorausgesetzt; die wichtigsten Vokabeln werden allerdings auf Wunsch kurz erklärt. Die eingeblendeten Übersetzungen der kompletten Sätze sind jedoch mitunter etwas zu ungenau. Gegenüber dem ersten Teil der English Training-Reihe wurde immerhin in einem Punkt deutlich nachgebessert: Die vormals sehr pingelige Handschrifterkennung lässt sich jetzt an das eigene Schriftbild anpassen. Wer dem Programm zuvor beigebracht hat, wie das eigene „t“ aussieht, kann somit die Reklamationsrate während der Übungen deutlich reduzieren und spart so Zeit und Nerven.
Unterhaltsam geht anders Dass Lernen erfolgreicher ist, wenn man auch Spaß an der Sache hat, ist keine neue Erkenntnis. Der Standard-Diktatmodus von Practise English!, der den größten Teil des Programms ausmacht, fällt allerdings eindeutig in die Kategorie „Fleißarbeit“. Um diesen Eindruck etwas abzumildern, wurde ein Unterhaltungsbereich hinzugefügt, in dem man nach englischsprachiger Anweisung Bilder ausmalt, Pizza ausliefert oder unfreundlich dreinschauende Cruise Missiles abschießt, um englische Syntax zu üben. Auch hier sind Lern- und Entertainment-Wert allerdings nur bedingt vorhanden.
Versteckt im „Extras“-Menü bietet Practise English! obendrein die Möglichkeit, die eigene Aussprache zu trainieren. Hier hat man die Möglichkeit, die einzelnen Sätze aus den Diktatübungen selbst ins DS-Mikrophon zu sprechen. Leider scheint die Bewertung, die das Programm dabei vornimmt, mehr auf dem korrekten Timing als tatsächlich auf der Aussprache der Wörter zu liegen. Denn wie sonst wäre es zu erklären, dass man für einen korrekt betonten, aber eine halbe Sekunde zu früh oder zu spät begonnenen Satz „0 von 100 Punkten“ erntet?
„Fish or beef?“ Practise English! konzentriert sich dem Untertitel zufolge auf „typische Alltagssituationen“. Das äußert sich darin, dass die kurzen Dialoge, die es niederzuschreiben gilt, vornehmlich aus Themenbereichen wie Reise, Restaurantbesuch und Smalltalk stammen. Allerdings sind die inhaltlich zusammengehörigen Übungen über alle Schwierigkeitsgrade (von denen es insgesamt sieben mit je rund 60 Aufgaben gibt) verteilt. So lässt sich das Programm nicht einmal dazu nutzen, sich gezielt auf bestimmte Situationen vorzubereiten. Außerdem fehlen bei den Übungen jegliche Anmerkungen und Hinweise auf die spezifischen Besonderheiten des Beispiels wie etwa bestimmte Verbformen – man hört sich den Satz an, gibt ihn schriftlich wieder, und das war’s dann auch schon.
Als einzige Minimalform der Erläuterung werden die Satzglieder farbig markiert. Auch hier gibt es allerdings Mängel: Es ist zwar aus Sicht des Hauptsatzes richtig, dass Nebensätze als ein einziges Satzglied dargestellt werden. Für den Lerneffekt wäre es aber vermutlich nützlicher gewesen, die Satzglieder des Nebensatzes ebenfalls gesondert zu markieren. Dass das Programm außerdem den Syntax-Begriff „Ergänzung“ falsch einsetzt, macht die Sache nicht besser.
Fazit:
Wer Spaß haben will, ist mit Practise English! – Meistern Sie typische Alltagssituationen an der falschen Adresse. Die Diktate werden ohne jede Abwechslung präsentiert, und nur die ausdauerndsten DS-Nutzer werden wohl die Geduld aufbringen, hier mehr als einen Bruchteil der Aufgaben über sich ergehen zu lassen. Und das Schlimmste ist: Vermutlich nützt es nicht einmal etwas, sich durch die ewig gleichen Übungen zu quälen, denn dank der fehlenden Aufbereitungen des Lernstoffs taugt Practise English! höchstens dazu, die Rechtschreib-Kenntnisse ein wenig aufzupolieren – Alltagssituationen werden allerdings nur selten schriftlich erledigt. So wird hier letzten Endes lediglich die eigene Toleranzgrenze auf die Probe gestellt.
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Autor der Besprechung:
Manuel Tants
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