Königreich der Zwiebel
Der Zwiebelkönig steht vor uns. Der was? Und die Apokalypse ist ausgebrochen. Das Ende ist gekommen, denn das alles verschlingende Hack-Spaghetti-Monster ist erwacht und hat Hunger. Wir sind zu langsam beim Kochen, zu schlecht ausgebildet. Also schickt uns der Zwiebelkönig durch ein Zeitportal in sein Reich ins Jahr 1992. Alles klar?! Unser Auftrag: In verschiedensten Küchen der Welt müssen wir uns beweisen, um ein Meisterkoch zu werden, der es mit dem Hack-Monster aus dem Intro aufnehmen kann. Grandiose Geschichte! Oder auch nicht. Aber das macht nichts, denn das alles ist nur der Aufhänger für gepfefferte Küchenaction.
Burger braten im Chaosmodus
In Hektik schreie ich, wohl zum Entsetzen meiner Nachbarn, lautstark Kommandos wie: “Ich nehme das Fleisch, wer verdammt macht das Brötchen?“ Mein lustig bunter Avatar hetzt zum Schrank mit Fleisch. Ich schnappe mir ein Stück und renne so schnell es geht zum Schneidebrett. Neben mir zerhackt einer meiner Mitspieler gerade Salat auf einer zweiten Arbeitsstation. Ich knüppel wie ein Wilder auf die Controller-Taste um das Fleisch zu verarbeiten, denn hier geht alles auf Zeit! Ich und mein Kochteam aus drei weiteren Mitspielern müssen in kürzester Zeit unterschiedlichste Burger ausliefern – je nach Kundenwunsch. Zurück zum Fleisch. Es ist verarbeitet, ab zur Pfanne damit. Ich hetz‘ einen kleinen Gang zur Kochplatte entlang. Bis das Fleisch durchgebraten ist, dauert es etwas. Zeit ist kostbar, also schnell zurück, das nächste Stück Fleisch vorbereiten. Wieder durch den engen Gang, wer kommt mir da entgegen?
Ein Mitspieler mit dem Salat. Platz da! Wir kollidieren. Ich weiche aus. Er aber auch – schon wieder knallen wir in diesem engen Gang gegeneinander. Ich schreie in die Runde, dass ich links laufe, und frage hektisch, wer denn jetzt die Tomaten macht. Die Uhr tickt gnadenlos weiter. Ich hacke wie wild auf dem zweiten Stück Fleisch herum, da fängt mein Fleisch in der Pfanne an zu verbrennen. *$%@8§&*, ich hetze zurück. Lasse das halb gehackte Fleisch auf dem Brett liegen, verbaue meinen Mitspielern einen Verarbeitungsplatz. Da wollte doch gerade jemand die Tomaten drauf zubereiten?! Ich schnappe mir die Pfanne mit Fleisch. Wo sind die Teller?! Da unten rechts – hin da! Warum liegt da kein Brötchen auf dem Teller? Man, wer hat das jetzt verbockt?! Ich brauche hier ein Brötchen, lass den verdammten Salat in Ruhe!
Teambuilding
Die beschriebene Situation gibt nur im Ansatz wieder, wie laut es auf der Couch und wie hektisch es im Spiel zugeht. In Overcooked werden Kommandos gebrüllt, aber ebenso wird herzhaft gelacht. Ohne Absprache und absolut schnelle Koordination geht hier gar nichts. Overcooked eignet sich perfekt als Teambuilding Maßnahme für Bürokollegen! Die obige Situation kann nicht nur bedingt die Hektik wiedergeben, sondern verschweigt auch spielerische Kniffe der Entwickler, denn normale Küchen sind hier die Ausnahmen und als Rezept gibt es nicht nur Burger, noch ist Kochen das Einzige, was man erledigen muss.
Simpler Ansatz...
Das Grundprinzip ist ein einfacher Ablauf. Es gibt Zutaten in verschiedenen Schränken, es gibt Verarbeitungsplätze für die Zutaten und dann gibt es Herdplatten, auf denen die verarbeiteten Zutaten gekocht werden. Die gekochte Mahlzeit muss dann auf Teller geschüttet und in die Essensausgabe gestellt werden. Nach einiger Verzögerung, in der unser imaginäre Gast das Essen verspeist hat, erscheint ein schmutziger Teller neben der Essensausgabe. Dieser Teller muss zur Spüle gebracht und abgewaschen werden. Dann beginnt der Kreislauf von vorne. Dieser simple Zyklus wird nun durchbrochen durch verschiedene Elemente.
...wären da nicht die anderen Spieler!
Das erste Problem sind die Spieler selbst. Bei dem oben beschrieben Ablauf wird bei zunehmender Spieleranzahl aus einem strukturierten Ablauf absolutes Chaos. Man rennt ineinander, blockiert sich Wege, gerät in Konkurrenz bei den begrenzten Verarbeitungsplätzen und Kochplatten oder macht Aktionen doppelt, weil man sich nicht abspricht. Nun könnte man den Koch-Prozess ganz klar Aufteilen. Beispiel Burger: Spieler A kümmert sich um Fleisch, Spieler B schnippelt den Salat und so fügt man jedem Spieler feste Aufgaben zu. Das ist als Grundorientierung zwingend notwendig, wenn auch hier das Ineinanderlaufen und „Klauen“ von Verarbeitungsplätzen als Problem bleibt, nur leider versalzt der Faktor Zeit die Strategie.
...wäre da nicht die Zeit!
Ein Level in Overcooked ist in wenigen Minuten absolviert. In dieser Zeit erscheinen stetig neue Bestellungen der Gäste, die selten völlig gleich sind. Vergeht zu viel Zeit bis zur Auslieferung der Speise, wird die Bestellung storniert. Denkbar schlecht! Die Aktionen der Spieler dauern unterschiedlich lang: Fleisch braten ist eine längere Angelegenheit, eine Suppe braucht stetig neue Zutaten, sonst verkocht sie, Gemüse schnippeln hingegen geht schnell. Beim Tellerabwaschen ist es zeitsparender zu warten, bis der Stapel mit dreckigen Tellern höher ist, weil man Wegstrecke spart, allerdings hat man dann weniger saubere Teller, kann also weniger parallel zubereiten. Je nach gerade vorhandener Bestellung und der Tellermenge ist es zwingend erforderlich, dass man anderen Spielern aushilft und nicht in seiner festen Arbeitsaufteilung bleibt, ansonsten schafft man nur einen Bruchteil der Bestellungen und die Endbewertung fällt entsprechend schlecht aus.
...wäre die Küche wie zu Hause!
Der Zwiebelkönig und das Hack-Spaghetti-Monster zeigen, dass es in Overcooked nicht bierernst zugeht. So ist es nicht verwunderlich, dass die Küchen, in denen man kocht, alles andere als gewöhnlich sind. Das abgedrehte Design der Küchen ist ein weiterer Faktor, warum es so chaotisch zugeht. Man kocht auf Schiffen, in fahrenden Bussen, zwischen Eisschollen oder es verläuft ein Fußgängerweg, natürlich bevölkert mit Passanten, durch die Küche. Manchmal sind die Küchen selber in Bewegung oder Küchenabschnitte sind komplett getrennt. Hier muss sich die Gruppe dann über einen Tresen die Zutaten reichen oder immer in Bewegung bleiben. Langeweile kommt beim Leveldesign also auch nicht auf.
Ass im Ärmel
Overcooked bietet neben der hier beschriebenen Kampagne mit 28 Leveln für bis zu vier Spieler auch noch ein Kochduell mit 9 Leveln, in dem zwei oder vier Spieler gegeneinander antreten. Technisch gibt sich die Comicgrafik keine Blöße und auch mit vier Spielern ruckelt nichts. Genau so unkompliziert ist übrigens die Steuerung! Neben einem Stick zum Steuern braucht es nur zwei weitere Tasten zum Auf/Ablegen von Dingen und dem Zubereiten von Nahrung. Durch diese einfach gehaltene Steuerung hat Overcooked zum Schluss noch ein Ass im Ärmel: Es können pro Controller zwei Spieler spielen. Wer rechnen kann, weiß, dass sich mit zwei Controllern vier Spieler im lokalem Modus die Hände wund kochen können. Und wer mal versucht hat zu zweit einen Controller zu benutzen, kann sich sicher vorstellen, wie herrlich idiotisch das ist und dass die chaotischen Zustände in der Küche nochmals ansteigen - mindestens auf Hack-Spaghetti-Monster-Niveau!
3-Sterne-Küche
Der DLC "
The Lost Morsel", der in der Gourmet-Edition von
Overcooked inklusive ist, entführt euch ein weiteres Mal ins Reich des Zwiebelkönigs. Etwas irritierend ist dabei, das der zusätzliche Content nicht in das Hauptspiel implementiert wurde, sondern aus dem Startmenü heraus angewählt werden muss. Schade, denn so bleiben in einer lockeren Multiplayerrunde auf der Standardweltkarte einem die neuen Level verwehrt. Aber für eine lockere Runde ist "
The Lost Morsel" auch nicht gemacht, trotz der sechs neuen lustigen Küchenchefs.
Der DLC ist für eingefleischte Küchenprofis gemacht! Hier geht es nicht langsam zu, das hier ist auch kein einfacher Einstieg, hier tobt sofort die Panik und der Stress in der Küche. Der Schwierigkeistgrad ist wesentlich höher als im Hauptsspiel. Wer in den sechs neuen Level, die wieder durch abgefahrene Küchendesign begeistern, mehr als einen Stern im Highscore haben möchte, der muss sich richtig verbeißen. Alleine kann man es sogar am besten gleich vergessen - "
The Lost Morsel" ist harte Teamaction. Hier wird noch lauter gebrüllt als im Hauptspiel! Der Preis von 5 Euro geht absolut in Ordnung, so fern man weiß, dass dies das Dark Souls der Küchenspiele ist.