Gary Grigsby's War In The East
Entwickler:
2 by 3 Games
Publisher:
dtp entertainment
Genre:
Strategie
USK Freigabe:
Freigegeben ab 12 Jahren gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
43 €
Systeme:
PC
Testsystem:
AMD Athlon64X2 mit 3 GHz, Radeon HD4850 mit 512MB VRAM, 4GB RAM, Windows 7
Anforderungen:
Windows XP bis 7, 1,5GHz-CPU, 128MB VRAM, min. DirectX9.0c-kompatible Sound- und Grafikhardware
Inhalt:
Der zweite Weltkrieg war im vergangenen Jahrzehnt ein großes Thema im Bereich der Strategie- und Shooterspiele. Gary Grigsby's War In The East rollt dieses Thema nun von einer fast vergessenen Seite wieder neu auf: Den nüchternen Zahlen und Fakten – ganz in der Tradition seiner früheren Rundenstrategiespiele, die von der legendären Strategie- und Rollenspielschmiede SSI veröffentlicht wurden. Inzwischen hat Grigsby zusammen mit SSI-Gründer Joel Billings das Studio 2 By 3 Games gegründet und schon ein paar neue Kriegsspiele veröffentlicht, allesamt traditionell rundenbasierend. Gary Grigsby's War In The East: The German-Soviet War 1941-45 ist sein neuestes.
Meinung:
Was ist der Unterschied zwischen War In The East, Velvet Assassin, Company Of Heroes und einem beliebigen, älteren Teil von Medal Of Honor? Alle vier Spiele zeigen den zweiten Weltkrieg, doch jedes zeigt diesen aus einer anderen Perspektive, bringt dem Spieler ein anderes Thema näher. Einige Spiele, vor allem Shooter, sind bei der Darstellung des Geschehens nicht zimperlich. Dass Menschen so etwas aus Spaß spielen können, eröffnet sich wiederum anderen Menschen nicht. Die Games werden als „Killerspiele“ bezeichnet, deren Spieler als „krank“ und „kriegsliebend“. Alles schon gehört. Dabei zeigen manche Spiele einfach nur die Grausamkeit dieses Krieges, unbeschönigt, ohne heroische Tendenzen - wie etwa Velvet Assassin.
Dann kommt ein Rundenstrategiespiel wie War In The East, dass seine Freigabe ab 12 Jahren wohl nur bekommen hat, weil im Intro Schwarz-Weiß-Videos des Krieges zu sehen sind.
Wie früher War Of The East wehrt sich vehement gegen Designstandards, die sich so im Laufe der Zeit durchgesetzt haben. So kann man es von Haus aus nur im Fenstermodus spielen, das Hauptmenü sieht sehr spartanisch aus und die Missionsauswahl erinnert eher an ein Dateiladefenster aus früheren Zeiten. Hier gibt es neben der Tutorialmission acht Einsätze, die zwischen 10 und 14 Runden lang sind, eine Drei-Runden-Blitzkriegsmission, sowie die Hauptkampagnen, die 224 Runden von 1941 bis 1945 umfassen – mit weiteren Einstiegsmöglichkeiten um 1942, 1943 und 1944. All das ist mit historischen Informationen und den Zielen für jeweils Achse und Sowjets versehen. Die Entscheidung, wen man spielt, kann man zuvor im Hauptmenü treffen. Mensch gegen Computer ist genauso möglich wie Mensch gegen Mensch und Computer gegen Computer.
Einheiten ohne Ende Im Spiel selbst darf man auch keine grafischen Höhenflüge erwarten. Im Gegenteil, selbst vor 20 Jahren wäre die Darstellung wohl nur als zweckmäßig bezeichnet worden. Tatsächlich sahen sogar schon frühere Grigsby-Spiele besser aus. Europa ist in 10 Meilen große Hexfelder eingeteilt worden, auf denen sich stellenweise Einheiten befinden, allesamt Rechtecke mit den unterschiedlichsten, völlig nichtssagenden Symbolen verziert. Man wird davon regelrecht erschlagen, zumal es so viele und so viele verschiedene Einheiten gibt. Auch die Informationen über die Einheiten, die beim Klick darauf angezeigt werden, konnten es nicht verhindern, dass beim Ziehen und Angreifen (beides etwas umständlich) die Verluste auf meiner Seite immer viel größer waren.
Nachschlagewerke Nun gibt es nicht sonderlich viel mehr zu tun, als Einheiten ziehen, mit ihnen anzugreifen und Adminpunkte für Hauptquartiere etc. auszugeben. Die zahlreichen Menüpunkte sind hauptsächlich für Informationen und Statistiken vorgesehen. Das meiste läuft eben völlig automatisch ab. Dennoch findet man nur schwer ins Spiel, von Erfolgen ganz zu schweigen. Das liegt vielleicht auch daran, dass die gedruckte Anleitung dazu rät, die Tutorial-Mission auszuwählen und dort einfach mal alles auszuprobieren. Nur dass Übungsmission vielleicht treffender wäre, denn unter einem Tutorial verstehe ich etwas völlig anderes. Es gibt hier keine, nicht mal die kleinste Hilfestellung. Dafür ein PDF-Handbuch, das dreimal so umfangreich ist wie das gedruckte, und ein Tutorial-Handbuch, welches nur auf Englisch vorliegt.
Fast wie ein Postspiel Der Online-Modus ist bei einem solchen Spiel, dessen Züge und Runden aufgrund der Kartengröße und Einheitenmenge Unmengen an Zeit verschlingen, natürlich etwas anders gehalten. Gespeicherte Spielstände werden einfach verschickt oder online gestellt, auf Wunsch auch mit Passwort versehen, wenn sie für jemand Bestimmtes vorgesehen sind. Dazu muss man sich aber zunächst ein Benutzerkonto erstellen. Ein Missionseditor ist ebenfalls im Spiel enthalten.
Für Hardcore-Strategen Hat man Zeit und Lust, kann man mit dem Strategiespiel eine Menge Spaß haben. Die Zielgruppe dafür dürfte aber sehr gering sein. Vielleicht wäre ein umfangreicheres Strategiespiel sinnvoller gewesen, mit übersichtlicheren Maps, wenigen Einheiten und unkompliziertem Gameplay für Einsteiger. Dazu schwerere und längere Kampagnen für Fortgeschrittene, sowie einen Hardcore-Modus, der genau so aussieht wie dieses Spiel. Das würde sicher für frischen Wind im Genre sorgen und viel mehr Rundenfans vereinen – denn die gibt es ohne Frage. Mit Europa als einzige große Map, ein paar Missionen und einer Kampagne – so lang das alles auch sein möge - und ein paar Schwierigkeitsgraden, kann man heutzutage einfach nicht mehr punkten. Die Disketten von früher hatten wenig Speicherplatz, aber Mr. Grigsby hätte nun auch auf eine DVD zurückgreifen können.
Datenkampf Immerhin belegt das Spiel etwa 1 Gigabyte auf der Platte – der größte Teil davon geht für die Map drauf, die in unzähligen Teile zerstückelt, in mehreren Zoomstufen sowie mit und ohne Gitternetz vorliegt - das alles im TGA-Format. Dazu kommen Bilder von Kriegsmaschinen etc., sowie der belanglose Soundtrack. Dabei sollten die Strategiespielveteranen doch wissen, dass Effizienz nicht nur im Krieg von Vorteil sein kann. Hier hat man sich aber einzig und allein auf den strategischen Kern des Spiels konzentriert und das Drumherum völlig vernachlässigt.
Fazit:
War In The East könnte man mit all den Zahlen, Statistiken und Informationen getrost als Serious Game bezeichnen, was ja auch nichts Schlechtes sein muss. Grigsby und Co. werden wohl so weitermachen, man merkt ihnen die Leidenschaft an. Vielleicht sollte 2 by 3 Games aber noch ein paar Leute einstellen, die sich um Präsentation, UI, Steuerung, Effizienz und Zugänglichkeit kümmern. Denn ansonsten werden auch die nächsten Spiele von Gary Grigsby nur bei einer geringen Gruppe an Hobbystrategen ankommen. Vielleicht reicht ihm das aber auch.
Abschließend bleibt noch die Frage, ob der Blick auf den zweiten Weltkrieg aus einer reinen Zahlen-/Daten-/Faktensicht nicht genau so einseitig sein kann, wie bei einem angeblich kriegsverherrlichenden Shooter. Denn wenn der Mensch nur noch eine Nummer, eine kleine Zahl in einer Statistik ist, dann interessiert sich niemand mehr für das Leid des Einzelnen. Daher ist es wohl immer ratsam, die Dinge von mehreren Seiten und aus mehreren Perspektiven zu betrachten. Zu einem kompletteren und klareren Gesamtbild kann ein Spiel wie War In The East vielleicht genau so viel beitragen, wie ein Egoshooter, ein Film oder der Geschichtsunterricht.
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Autor der Besprechung:
Michael Hambsch
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