Too Human
Entwickler:
Microsoft Game Studios
Publisher:
Microsoft Game Studios
Genre:
Action
USK Freigabe:
Freigegeben ab 16 Jahren gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
70 €
Systeme:
Xbox 360
Inhalt:
Es gibt Spiele, die sind seit Ewigkeiten in der Mache und kaum jemand glaubt noch
daran, dass sie irgendwann erscheinen. Und dann gibt es Spiele, die vor 10 Jahren ihre
Entwicklung auf der PSX begonnen haben und nun ihren Release auf der 360 feiern. So wie
Too Human.
Meinung:
Die Story von Too Human vermischt Cyberpunk mit Elementen der nordischen Göttersagen. Götter
sind hier cybernetisch verbesserte Menschen, die dank ihrer Unsterblichkeit den normalen
Menschen zur Seite stehen. Leider gibt es neuerdings mechanische Wesen, die
den Menschen die Köpfe abschrauben, um deren Blut zu trinken, scheinbar um dadurch
Nährstoffe aufzunehmen. Da solche Kreaturen bisher unbekannt sind, drängt Gott Baldur
darauf, den Menschen bei diesem Mysterium unterstützend beizustehen. Sein Chef Heimdall
lässt ihn zwar gewähren, gibt ihm aber nur eine kleine Truppe zur Unterstützung mit, da die
Götter aktuell selbst in einen Krieg verwickelt sind.
Rollenspiel? Too Human möchte gerne als Rollenspiel
verstanden werden, lässt sich aber am besten als Action-Adventure mit leichten
Rollenspielelementen beschreiben. Im Einzelspielermodus sucht man sich zu Anfang eine von 5
Klassen aus, die vom typischen Nahkämpfer über den Fernkämpfer und eine
Defensivklasse bis zum Allrounder und Heiler reichen. Diese zeichnen sich durch leicht
andere Spielweisen aus, die Story bleibt aber die gleiche. Das einzig weitere
Rollenspielelement besteht darin, dass man in den Kämpfen Erfahrungspunkte sammelt, durch
die man zu gegebener Zeit einen Level aufsteigt, Werte verbessert und Skillpunkte erhält,
doch dazu später mehr.
Die Welt Der Storymodus besteht aus vier relativ großen Leveln, die durch
die Götterstadt Midgard miteinander verbunden sind. In der Stadt kann man Rüstungen und
Waffen kaufen und die Story vorantreiben. Die Level selbst sind immer gleich aufgebaut. Man
kommt in einen Raum voller Gegner, säubert diesen und geht in den nächsten Raum.
Zwischendurch kommt manchmal ein etwas stärkerer Widersacher bis am Ende des Levels ein Bosskampf
wartet, der in der Regel mit der gleichen Taktik wie alle anderen Kämpfe zu gewinnen ist. Er
dauert nur viel länger.
Fliegender Wechsel Das Kampfprinzip liest sich nicht schlecht. Baldur
kann eine Nahkampfwaffe (Schwert und Hammer vorzugsweise) und eine Fernkampfwaffe
ausrüsten (2 Pistolen oder eine schwere Flinte). Je nach Klasse kann auch noch ein Schild
oder besondere Waffen hinzukommen. Zwischen den verschiedenen Kampfstilen kann Baldur
nahtlos wechseln, da alle Angriffe mit der Nahkampfwaffe auf dem rechten Analogstick liegen.
Dieser wird in die Richtung gedrückt, in die der Angriff gehen soll. Steht der Gegner etwas
weiter weg, rast Baldur selbständig an ihn heran. Die Fernkampfwaffen liegen auf den
Schultertasten. Trägt Baldur 2 Pistolen, steht jeder Trigger für eine Hand und jede Waffe
lässt sich unabhängig abfeuern. Hat man einen Zweihandblaster, schießt man mit dem einen
Trigger, während der andere einen alternativen, schweren Schuss abgibt. So weit, so
gut.
Miese Ausführung Wenn das alles so klappen würde, wäre am Kampfsystem
nichts auszusetzen. Leider kann sich die automatische Zielerfassung bei den Fernkampfwaffen
selten von einem Ziel trennen, auch wenn dieses sich schon längst in Staub aufgelöst hat.
Auch die Richtung des Analogsticks wird von Baldur gerne etwas freier interpretiert,
sodass er nicht selten ins Leere fuchtelt. Eine richtige Kombo, womöglich noch mit etwas
Luftkampf bewusst aneinander zu reihen, grenzt da schon fast an ein Wunder.
Sammeltrieb Nicht selten lassen besiegte Gegner Items fallen. Die
können aus 3 Kategorien bestehen. Entweder findet man Ausrüstung, Beute oder Runen. Die
Ausrüstung glieder sich hierbei in Waffen, Rüstungen und Entwürfe. Je fortgeschrittener die
eigene Erfahrung, desto besser ist die Ausrüstung. Allerdings gilt auch der Folgeschluss: je
besser die Ausrüstung, desto schwieriger die Gegner. Diese leveln nämlich brav mit dem
gefundenen Equipment. Das aus Rollenspielen bekannte Levelgrinden, um stärker als die
Gegner zu werden, gibt es hier also nicht. Dennoch ist man natürlich immer darauf aus,
möglichst neue Ausrüstung zu finden, um selbst stärker zu werden. Mit Entwürfen kann man
mächtige Ausrüstung selbst herstellen, natürlich im Austausch gegen die gängige Währung.
Magie des Nordens Ein wichtiges Element sind die Runen.
Verschiedene Runen haben unterschiedliche Fähigkeiten, mit denen der eigene Angriff
verstärkt, die Verteidigung angehoben oder auch die Erfahrung erhöht werden kann. Dafür
muss man die Runen in Gegenstände einsetzen, die noch Platz haben. So eine Wahl möchte
allerdings gut überlegt sein, da sie permanent ist. Ist eine Rune verbraucht, kann sie nicht durch eine andere ersetzt werden. Da man während des Spiels aber andauernd seine
Ausrüstung wechselt, ist man selten gewillt, kostbare, seltene Runen einzusetzen.
Spiel mit Charakter Um seinen Charakter individueller zu
gestalten, gibt es noch den Fähigkeitsbaum. Für jeden Levelaufstieg erhält Baldur
Skillpunkte, die er auf drei Zweige im Baum verteilen kann, die für Nahkampf, Luftkampf und
Fernkampf stehen. Nach und nach schaltet Baldur auf diesem Weg auch zwei weitere Fähigkeiten
frei: Spinnen und Kampfschreie. Spinnen sind kleine, mechanische Helferlein, beispielsweise Minen legen oder ein
zusätzliches Geschütz abfeuern können. Kampfschreie erhöhen die eigenen Statuswerte oder
beeinflussen die Gegner in der näheren Umgebung. Neben Baldur gibt es aus der nordischen
Mythologie aber noch andere Charaktere. Das genau ist der Schwachpunkt der Story. Es wurde
krampfhaft versucht, jeden Namen, der in den Sagen vorkommt, unterzubringen. So erscheinen
haufenweise Figuren mit wichtig klingenden Namen, die nach einer Szene nie wieder gesehen
werden. Von einer vorherigen Einführung ganz zu schweigen. Bis kurz vor Schluss fühlt man
sich aber leider sowieso nicht wirklich als Teil einer Story, da diese kaum vorhanden
ist.
Präsentation Grafisch ist der Titel durchaus sehenswert. Die Level sind
sehr groß und jeder hat sein eigenes Thema. Die Charaktermodelle sind sehr detailliert und
vor allem die verschiedenen Götter wurden gut animiert und gestaltet. In den Leveln selbst
gibt es eine wunderbare Weitsicht, allerdings kommt die Framerate bei einem zu hohen
Gegneraufkommen gerne ins Stocken. Die Effekte der Angriffe und Explosionen
sehen ebenfalls sehr gut aus. Beim Sound muss man leider Abstriche machen. Zwar
klingen die meisten Waffen ganz vernünftig, doch gerade die starken Laserwaffen haben einen
ununterbrochen anstrengenden, fiependen Ton. Die deutsche Lokalisierung ist zweigeteilt. Die
Übersetzungen sind gelungen und benutzen die korrekten deutschen Begriffe, allerdings wirken
die meisten Stimmen deplatziert und lustlos.
Multiplayer Too Human rühmte sich im Vorfeld damit, dass man das Spiel
über XBox Live auch im CoOp-Modus spielen kann. Das ist leider nur bedingt wahr.
Die Story muss jeder für sich selbst durchspielen, während im Team lediglich die einzelnen
Level direkt ausgewählt werden können, um auf Itemjagd zu gehen. Der Schwierigkeitsgrad
lässt aber vermuten, dass das Spiel auf den Multiplayer ausgelegt ist. Nicht selten gibt
Baldur den Löffel ab, nur um - Unsterblichkeit sei Dank - zwei Meter weiter wieder
aufzuerstehen. Dadurch wird das Spiel, trotz eines grundsätzlich hohen Schwierigkeitsgrades,
sehr einfach. Man kann einfach nicht verlieren. Deshalb gibt es wohl den freizuspielenden
Erfolg, eine Level zu beenden, ohne gestorben zu sein.
Episches Warten Großspurig ist auf der Packung von Baldurs epischem
Abenteuer die Rede, das man allerdings bereits nach wenigen Stunden absolviert hat. Schlappe vier Level darf man durchforsten, dann ist dieser erste Teil einer geplanten Trilogie vorbei.
Einen Hauch von Story erahnt man lediglich zum Schluss. Anschließend steht
nur noch endloses Itemsammeln und die Frage an, ob man seinen mühsam erspielten Charakter
ins nächste Kapitel wird übernehmen können.
Fazit:
Too Human hat 10 Jahre Entwicklung hinter sich und ganz ehrlich: es hätten gerne
noch ein paar mehr sein dürfen. Vieles wirkt auf den ersten Blick ganz nett, ist auf den
zweiten aber unausgegoren. Vielleicht wäre alles ein wenig interessanter, wenn zumindest die
komplette Story vorhanden wäre, aber nach vier immer gleich ablaufenden Levels möchte man
eigentlich gar nicht mehr wissen, wie die Geschichte ausgeht. Die hakelige
Steuerung raubt dem Spieler zusammen mit dem seltsamen Schwierigkeitsgrad die letzten Nerven
und auch die nette Grafik kann da nichts mehr ausrichten. Lediglich der angeborene
Sammeltrieb wird einige Spieler für längere Zeit fesseln können.
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