Blue Dragon
Entwickler:
Mistwalker Studios
Publisher:
Microsoft Game Studios
Genre:
Adventure
USK Freigabe:
Freigegeben ab 12 Jahren gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
60 €
Systeme:
Xbox 360
Inhalt:
Wenn der Erfinder der Final Fantasy-Reihe, einer von Japans beliebtesten Zeichnern und einer der bekanntesten Spielekomponisten sich zusammenschließen, darf
man mit Fug und Recht gespannt sein, was für ein Spiel am Ende dabei herauskommt. Dass es sich um ein Rollenspiel handeln wird, dürfte wohl klar sein, aber
kann Blue Dragon mit anderen Genrevertretern mithalten?
Meinung:
Das ruhige Dorf Taita wird seit einiger Zeit jährlich von einem großen Wesen angegriffen, das sich durch den Boden gräbt und gemeinhin als Land Shark
bezeichnet wird. Als die Kinder Shu, Jiro und Kluke eines Tages keine Lust mehr haben, weiterhin vor ihm zu flüchten, stellen sie ihm eine Falle, die
allerdings nach hinten losgeht. Die Kinder landen auf einem mysteriösen fliegenden Objekt, wo sie die Bekanntschaft von Nene machen, einem alten Mann, der
magische Kräfte besitzt und die Welt scheinbar aus purer Langeweile quält. Von einer unbekannten Stimme werden sie aufgefordert, leuchtende Kugeln zu
verschlucken, was dazu führt, dass die Schatten der Kinder ein Eigenleben entwickeln. Fortan können sie Magie einsetzen und mit ihren Schatten mächtige
Angriffe ausführen. Diese neuen Kräfte wollen die 3 natürlich nutzen, um Nene endgültig das Handwerk zu legen.
Gut geklaut ist halb gewonnen Eines vorweg: In Blue Dragon wird man wenig finden, was als Revolution des Rollenspiel-Genres zu bezeichnen
wäre. Das ist aber nicht tragisch, denn die "geklauten" Aspekte verbinden sich zu einem tollen Ganzen. Die Schatten stellen beispielsweise das aus früheren
Final Fantasy-Teilen bekannte Job-System dar. Jeder Schatten kann so zu einer bestimmten Klasse mit ihren eigenen Stats und Fähigkeiten werden. Die Charaktere können durch das Job-System jederzeit die Klasse wechseln und mit jeder 10. Charakterstufe (also auf Level 10, 20, 30) gibt es eine Klasse mehr zur Auswahl im jeweiligen Repertoire. So kann man später zum Beispiel zwischen dem Schwertmeister, der besonders stark im physischen Angriff ist, den
obligatorischen Magierklassen (Weiss, Schwarz, Unterstützung und Barrieren), dem Wächter, der in der Verteidigung trumpft oder auch dem hinterlistigen
Assassinen auswählen. Diese Klassen
werden genauso wie die Charaktere selbst durch Kämpfe aufgelevelt.
Steigen diese Klassen auf, werden mit der Zeit spezifische Fähigkeiten freigeschaltet, die man danach mit den anderen Klassen
kombinieren kann. Hat Jiro in der Weissmagier-Klasse beispielsweise die Fähigkeit "Weissmagie Level 2" erreicht, kann er nun die Klasse wechseln und
diese Fähigkeit mit der anderen Klasse kombinieren, woraufhin er zu einem heilenden Schwertmeister werden könnte. Besonderes Augenmerk ist auf den
Generalisten zu legen. Dieser gibt einem die Fähigkeit zusätzliche Fähigkeits-Slots zu erhalten, denn jeder Charakter startet mit lediglich 4 Lücken, die er
mit Fähigkeiten anderer Klassen auffüllen kann. Schön der Reihe nach
Die Kämpfe selbst laufen rundenbasiert ab, wobei am oberen Bildschirmrand eine Reihenfolge der Angreifer zu sehen ist, was beispielsweise in Grandia bereits
verwendet wurde. Es wird ebenfalls angezeigt, an welche Position in der Reihenfolge man rückt, wenn man eine Attacke ausgewählt hat. Im Verlauf des Spiels
lernt man auch, seine Attacken aufzuladen. Dadurch haben diese eine stärkere Wirkung, brauchen jedoch auch länger, bis sie ausgeführt werden. Beim Aufladen
gibt es außerdem noch den sogenannten Sweet Spot, der, sollte man geschickt genug sein, ihn zu treffen, die Attacke noch einmal verstärkt und dafür sorgt,
dass man danach schneller wieder am Zug ist.
Praktisch an der Leiste ist außerdem, dass man sehen kann, wann welcher Gegner angreifen wird. So lässt sich
durch genaues Planen und Verzögern der eigenen Angriffe durch das Aufladen oft ein Kampf beenden, ohne dass ein Gegner überhaupt zum Zug kommt. Viele Gegner
lassen sich aber auch von vornherein umgehen, da alle Kreaturen, die die Gruppe in einen Kampf verwickeln könnten, auf dem Spielfeld zu sehen sind. Erst bei
direktem Kontakt kommt es zum Kampf, wobei auch hier die Umstände der Berührung berücksichtigt werden. Trifft man den Feind von hinten, werden die
Angriffsreihen des Gegners umgedreht, wird man selbst von hinten erwischt, passiert einem das natürlich ebenso. Schlägt man bei Berührung zu, kann man auf
einen Erstschlag hoffen. Freundeskreis
Eine Neuerung ist der Begegnungszirkel. Diesen kann man jederzeit auf der Weltkarte oder in Dungeons aufrufen. Er hält die Zeit an und markiert alle Monster
in einem bestimmten Radius. Nun kann man sich aussuchen, ob man alle Monster in diesem Radius nacheinander in einer Kette angreifen möchte oder einzelne und
den Kampf initiieren. Diese Kämpfe laufen dann nacheinander in Runden ab, wobei zwischen jedem Kampf ein Roulette läuft, das die Gruppe zufällig verstärkt.
So können beispielsweise die Lebenspunkte aufgefüllt werden oder alle bekommen einen Stärkeschub oder einen Schutzschild verpasst. Auch kann man auf diese
Weise einen Monsterkampf provozieren, indem man zwei oder mehr Monstergruppen, die sich nicht leiden können, gleichzeitig bekämpft. Die Monster
greifen sich dann gegenseitig an und sorgen so für ein schnelleres Kampfende. Ein Frosthund und ein Feuerhund beispielsweise entziehen sich gegenseitig ihr
Element, sodass man nur noch gegen normale Hunde kämpfen muss. Erfolgsdruck
Da das Spiel auf 3(!) Discs ausgeliefert wird, kann man von einem großen Umfang ausgehen. Das bestätigt sich zumindest annäherungsweise. Mit knapp 40 Stunden
für die Hauptstoryline zählt Blue Dragon zwar nicht unbedingt zu den längsten Genrevertretern, lässt sich aber auch nicht nebenbei an einem Wochenende
durchzocken. Nebenaufgaben sind eher spärlich verteilt und beschränken sich auf das Öffnen unterschiedlich geschützter Kisten und das Besiegen vertrackter
Monster. Die 360-typischen Erfolge haben es dafür in sich, gibt es doch nicht wenige, für die man im Spiel nur eine einzige Chance bekommt, ohne es in den
meisten Fällen zu wissen. Wer mit dem Gedanken spielt, alle Erfolge freizuschalten, sollte darauf achten, vor jedem Minispiel zu speichern, da nur ein
perfekter Abschluss zum gewünschten Erfolg führt. Und einmal absolviert, kann man das Minispiel nur wiederholen, wenn man ein neues Spiel anfängt. Auch gibt
es viele Gegenstände und Monster, die man nur einmal finden kann. Für Komplettierungsfanatiker ist das Spiel also ein harter Brocken.
Blue Dragon Ball Der Mann, der für das grafische Design des Spiels verantwortlich zeichnet, dürfte den meisten als Vater von Dragonball
bekannt sein: Akira Toriyama. Sein Stil ist unverwechselbar und bescherte uns auch schon solche Perlen wie Chrono Trigger oder Dragon Quest. Zugegeben,
bei den meisten menschlichen Charakteren hat man das Gefühl, dass man sie irgendwo schon mal gesehen hat, dafür sind die Monsterdesigns umso treffender. Eine
gewisse Vorliebe für Fäkalien kann man ihm wohl nicht absprechen, finden sich doch verhältnismäßig viele Monster, deren Grundprinzip ein Häufchen Kacke ist.
So heißen sie dann auch "Soft Poo Snake" oder "Big Poo King".
Auch wenn man mit dem Design selbst vielleicht nicht viel anfangen kann, muss man zugeben, dass Blue Dragon einige der besten Grafiken auf der 360
präsentiert. Trotz des Anime-Stils wurde darauf verzichtet, alles in Cel-Shading darzustellen, was dazu führt, dass die Figuren ungeheuer plastisch und weich
wirken. Der Wechsel zwischen vorgerenderten Zwischensequenzen und Spielgrafik lässt sich kaum erkennen und so habe ich beispielsweise direkt zu
Spielbeginn verpasst, dass ich bereits im Spiel bin und die Figur bewegen kann, die dort in dieser grandiosen Grafik steht. Auch die Effekte, die natürlich
vor allem bei Zaubersprüchen zum Tragen kommen, sehen sehr gut aus und die Umgebungsgrafiken bieten darüberhinaus von Gebiet zu Gebiet viel Abwechslung.
One-Winged Angel? Nobuo Uematsu, der unter anderem für den genialen Soundtrack von Final Fantasy 7 verantwortlich ist, hat auch die
Stücke für Blue Dragon komponiert. So ist es wenig verwunderlich, dass man sich vor allem in den Kämpfen als alter FF-Jünger wie zuhause fühlt. Die
Kampfmusik und das Sieges-Jingle lassen bekannte Gefühle aufsteigen. Die Hintergrundmusik ist ansonsten den Umgebungen angepasst und reicht von sanften
Balladen bis zu industriellem Sound. Die Bosskampf-Musik ist ein wenig gewöhnungsbedüftig, wird man hier doch in einer Endlosschleife mit einem englisch-singenden Japaner konfrontiert, dessen Text nicht allzuviel Sinn ergibt. Wenigstens rockt es ganz ordentlich, sodass man die Bösewichte gerne dazu platt
macht. Positiv anzumerken ist auch die Tatsache, dass man bei der Sprachausgabe neben einer "bemühten" englischen Tonspur auch auf die Original-Japanische zugreifen kann. Eine deutsche fehlt leider in der vorliegenden Testversion, soll allerdings in der deutschen Verkaufsfassung durchaus enthalten sein. Die Qualität dieser Sprachausgabe soll allerdings ebenfalls die Schmerzgrenze mit Leichtigkeit überschreiten.
Schattenspiele Bei der Steuerung gibt es nicht viel, was man falsch machen könnte. Mit einer Person aus der Gruppe, die man sich selbst
aussuchen darf, läuft man über die Weltkarte, durch die Städte oder die Dungeons mittels Analogstick. Die Auswahl in den Menues lässt sich wahlweise auch mit
dem Steuerkreuz erledigen. Die Menüs sind weitestgehend übersichtlich gestaltet worden, lediglich bei den Fähigkeiten geht nach einiger Zeit der Überblick
verloren. Im Kampf hat man das übliche Final Fantasy-Menü mit Befehlen wie Angriff, Magie, Gegenstand oder den Spezialfähigkeiten, die gegebenenfalls in
Untermenues gegliedert sind. Auch hier kann man wahlweise den Analogstick oder das Steuerkreuz verwenden.
Fazit:
Für Fans von Japano-Rollenspielen ist Blue Dragon auf jeden Fall ein Muss. Es vereint die besten Ideen aus verschiedenen Welten, sieht klasse aus, hört sich
gut an und vermag es den Spieler für eine ordentliche Zeitspanne zu fesseln. 360-Erfolgs-Sammler werden vermutlich frustriert sein, wenn sie feststellen,
dass sie irgendwo auf der 2. Disc etwas übersehen haben, aber alle anderen werden jede Menge Spaß haben. Kaufen, Marsch, Marsch!
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Autor der Besprechung:
Kai Wommelsdorf
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