Ob er dennoch erfreut darüber gewesen wäre, dass kurz nach Spielbergs Film auch ein entsprechendes Videospiel erschien, wird sich nicht aufklären lassen. Fest steht aber, dass Spielberg - selber großer Fan des Mediums - großen Wert auf eine angemessene Konsolen-Umsetzung des Films legte. Eine Tatsache, die man
Die Abenteuer von Tim & Struppi - Das Geheimnis der Einhorn auch anmerkt.
Meinung:
Genau wie der gleichnamige Film erzählt
Die Abenteuer von Tim & Struppi - Das Geheimnis der Einhorn eine Geschichte, die auf drei Originalcomics basiert (
Die Krabbe mit den goldenen Scheren,
Das Geheimnis der „Einhorn“,
Der Schatz Rackhams des Roten). In ihr stößt der junge Reporter Tim auf einem Flohmarkt auf ein wunderschönes Schiffsmodell, das er sogleich kauft und auch nicht an zwei Unbekannte weiterverkaufen will, die ihm kurz darauf großzügige Angebote machen. Hätte er das allerdings getan, wäre ihm viel Ärger erspart geblieben: Denn wie schnell deutlich wird, birgt das Modell den Hinweis auf einen gewaltigen Schatz, und um den zu finden, schreckt mancher vor keinem Mittel zurück. Auch nicht vor einer Entführung Tims...
Alles drin
So verschlägt es Tim in den gut 20 Abschnitten des Spiels in die unterschiedlichsten Länder und Szenarien: Schiffsbäuche und orientalische Basars muss der Titelheld genauso durchqueren wie finstere Gemäuer. Alles erinnert inhaltlich an einen klassischen Abenteuerfilm und genau so spielt sich auch Die Abenteuer von Tim & Struppi - Das Geheimnis der Einhorn. Wie in 2D-Plattformern üblich, springt die Spielfigur von Plattform zu Plattform, lässt sich auf den einen oder anderen Faustkampf ein und löst einfache Bilder- oder Schalterrätsel.
Ab und an wechselt das Spiel aber auch in eine dreidimensionale Ansicht, um so besonders dynamische Sequenzen zu präsentieren. In diesen muss der Spieler u.a. ein Motorrad-Gespann durch die Wüste jagen, aus einem sinkenden Schiff entkommen oder ein Flugzeug durch ein Unwetter steuern. Dabei kommt es auch vor, dass nicht mehr Tim, sondern auch sein Hund Struppi oder der dauerfluchende Kapitän Haddock gesteuert werden müssen, was abwechslungsreich, unterhaltsam und dank der guten Steuerung auch unkompliziert möglich ist.
Bellen, nicht beißen
Auffällig ist über die komplette Spielzeit die Liebe zum Detail, die die Entwickler von Die Abenteuer von Tim & Struppi - Das Geheimnis der Einhorn in die unterschiedlichen Spielmechaniken gesteckt haben. So schlägt Tim natürlich - getreu der Vorlage - keinen Gegner mit einem fiesen Leberhaken nieder, sondern schickt seine Widersacher stilvoll zu Boden, klanglich perfekt untermalt von altmodischem Vogelgezwitscher. Eleganter ist es aber natürlich, dem Angreifer einfach einen Kochtopf überzustülpen, um ihn so orientierungslos durch die Gegend torkeln zu lassen. Den charmantesten dieser angenehm unbrutalen Angriffe besitzt aber Struppi: Attackiert von einem Rudel Ratten, setzt er nicht seine Zähne ein, sondern bellt die Angreifer einfach davon. So einfach, ansprechend und kreativ kann man Konfliktsituationen in einem Videospiel lösen, und erfreut damit gleichzeitig Spieler und Fans der Vorlage.
Wie im Comic
All die dürfen sich darüber hinaus auch über eine technische Umsetzung von Die Abenteuer von Tim & Struppi - Das Geheimnis der Einhorn freuen, die sich betont nicht in das „höher, schneller, weiter“ des Genres einreiht. Gerade auf Xbox 360 und PS3 macht der Titel keinen Hehl daraus, technisch nicht zur Spitze zu gehören. Der Sound ist schlicht durchschnittlich (aber zweckmäßig), und die Animationen wirken teilweise etwas hölzern. Was angesichts dessen, dass die Film-Vorlage ein Animationsfilm ist, schon etwas überrascht.
Wettgemacht wird das aber durch schön gestaltete Modelle und überzeugende Hintergründe, die die Spielfiguren geschickt in den Vordergrund stellen. Insgesamt entsteht so ein angenehm altmodischer Eindruck, weswegen Die Abenteuer von Tim & Struppi - Das Geheimnis der Einhorn optisch weniger an ein Videospiel, als an einen spielbaren Comic erinnert. Das muss man nicht mögen, die stilistische Konsequenz der Entwickler aber dennoch honorieren.
Kurz und gut
Schade nur, dass Tims Abenteuer so schnell vorüber ist. Auch dank eines fast anspruchslosen Schwierigkeitsgrades dürfte es auch Konsolen-Laien in vier bis fünf Stunden gelingen, den Abspann von Die Abenteuer von Tim & Struppi - Das Geheimnis der Einhorn zu sehen zu bekommen. Immerhin bietet das Spiel aber beachtliche Boni in Form von Bildern, Videosequenzen und anderen Info-Materialien, die ihr Erspielen wirklich lohnen.
Was im Übrigen auch wunderbar zu Zweit möglich ist. Denn Die Abenteuer von Tim & Struppi - Das Geheimnis der Einhorn bietet einen extrem unterhaltsamen Koop-Modus, in dem zwei Spieler nicht nur die Solo-Missionen absolvieren können, sondern auch ein ganz eigenes Abenteuer in den Träumen von Kapitän Haddock bestehen müssen. Dabei entwickelt sich eine ganz eigene Geschichte, in der viele Film-Figuren einen neuen (und oft ungewohnten) Auftritt haben. Eigenständig, umfangreich und unterhaltsam: So müssen Koop-Modi aussehen.
Fazit:
Auch wenn Die Abenteuer von Tim & Struppi - Das Geheimnis der Einhorn wohl keine riesigen Verkaufszahlen einfahren wird, gehört das Spiel zu Spielbergs gelungenem Film nicht nur zu den besten Film-Umsetzungen überhaupt, sondern ist auch für sich genommen ein absolutes Vergnügen. Denn auch wenn das eigentliche Gameplay und die technische Umsetzung wenig spektakulär ausfallen, punktet der Titel mit viel Liebe zum Detail, beachtlicher Abwechslung und einem angenehm zurückhaltenden Grundton. Speziell junge Fans dürften daran ihre Freude haben, auch weil Hergés Erbe absolut in Ehren gehalten wurde.