Während
Vidocq – Herrscher der Unterwelt in
Frankreich über eine Million Kinogänger verzeichnen konnte,
erschien der Historien-Thriller hierzulande am 29.04. sofort als
Direct-to-Video auf DVD und Blu-ray.
Paris,
1811: Nach seinem letzten spektakulären Gefängnisausbruch versucht
François Vidocq, unerkannt ein ruhiges Leben zu führen. Seine
kriminelle Vergangenheit holt ihn allerdings schnell ein. Enttarnt
und fälschlicherweise wegen Mordes angeklagt, entschließt er sich,
im Gegenzug für seine Freiheit auf Verbrecherjagd zu gehen. Diese
Entscheidung bringt nicht nur die gesamte Unterwelt gegen ihn auf,
sondern ruft einen gefährlichen alten Bekannten auf den Plan, der
mit Vidocqs Hilfe über Paris herrschen möchte…
Filmkritik Eugène
François Vidocq(* 23.
Juli1775 in Arras;
† 11.
Mai1857 in Paris)
ist wohl eine der spannendsten Personen der Menschheitsgeschichte.
Der Sohn eines Bäckers machte zunächst als Krimineller und
Freibeuter Karriere. Nach mehreren Gefängnisaufenthalten und
ebenfalls mehreren Ausbrüchen änderte er um 1800 sein Leben.
Während er eine weitere Gefängnisstrafe absaß, fungierte er als
Spitzel, der monatelang seine Gefängnismitinsassen belauschte. Nach
einer fingierten Flucht setzte man ihn anschließend als Geheimagent
ein, der die Pariser Kriminellen unterwanderte. Dabei war er so
erfolgreich, dass er die Karriereleiter weiter hinaufstieg und Ende
1811 die Brigade de
la Sûreté (dt. Sicherheitsbrigade)
gründete, deren Chef er auch wurde. Später gründete er zudem noch
das Le
bureau des renseignements (dt. Nachrichtenbüro),
das heute als erster Nachrichtendienst gilt. Sein persönlicher
Erfolg war vielen aber ein Dorn im Auge, weshalb er immer mehr in das
Visier gehobener Polizisten geriet, die ihn sogar ein paar Mal
verhaften ließen und vor Gericht zerrten. Obwohl er jedes Mal als
freier Mann davon kam, war sein Ruf geschädigt und sein Le bureau
des renseignements lief nicht mehr allzu gut. Nach einem weiteren
Gefängnisausbruch und einer überstandenen Cholera starb Vidocq am
11. Mai 1857 im Alter von 82 Jahren im Beisein seines Arztes, seines
Anwalts und eines Pfarrers.
Schon
zu Lebzeiten Vidocqs faszinierte die Menschen sein Leben, sodass
nicht nur er selbst erfolgreiche Bücher über sich schrieb, sondern
auch zeitgenössische Schriftsteller wie Balzac Romane und
Theaterstücke verfassten, die auf seiner Person beruhten. In den
folgenden Jahrhunderten ist an der „Faszination Vidocq“ nichts
verloren gegangen, sodass bereits 1909 der erste Film über ihn
entstand. Es folgten weitere Verfilmungen, wie zum Beispiel die 1967
gesendet Fernsehserie, in der BernardNoël
Vidocq verkörperte.
Auch
im neuen Jahrtausend ist man von der Person Vidoqc noch immer
fasziniert, was der 2001 erschienene Film Vidocq
bezeugt. Während die Person Vidocq von Gérard
Depardieu
(Asterix
und Obelix – Im Auftrag ihrer Majestät,
Marseille)
damals zwar sehr realitätsnah getroffen wurde, waren die
Geschehnisse, die dort zu sehen waren, doch alles nur Hirngespinste
der Filmemacher. Ganz anders machte dies nun Jean-François
Richet(Der
Vater meiner besten Freundin)
mit seinem Film. In Vidocq
– Herrscher der Unterwelt hat
er schon beinahe ein Biopicture erschaffen, das die tatsächlichen
Ereignisse sehr gut widerspiegelt. Vor allem zu Anfang bedeutet dies
sehr viel Action und Spektakel. Mit fortlaufender Spielzeit ändert
sich das Geschehen aber beinahe komplett. Anstelle von wilden
Gefechten wird es politisch und die Zerwürfnisse der noch jungen
französischen Nation nehmen immer mehr Platz ein. Ob dies sein
musste, sei mal dahingestellt. Auf jeden Fall nimmt es jegliche
Dynamik aus dem Film, was ihm nicht gerade guttut. Auch die
schauspielerische Leistung ist nicht unumstritten. Obwohl mit Frya
Mavor (Agatha
Christie – Die Morde des Herrn ABC),
August Diehl (Parfum),
Denis Minochet (7
Tage ein Entebbe),
Fabrice Luchini (Das
zweite Leben des Monsieur Alain)
und Olga Kurylenko (The
Room,
James
Bond 007 – Ein Quantum Trost,
Johnny
English – Man lebt nur dreimal)
hochkarätig besetzt, lässt vor allem Vidocq-Darsteller Vincent
Cassel (Black
Swan,
Der
Pakt der Wölfe)
ein wenig zu wünschen übrig. Er verkörpert den Titelhelden zwar
sehr authentisch, doch irgendwie hat man das Gefühl, dass er sogar
etwas unterfordert war – zumindest hat man ihn schon wesentlich
besser schauspielern sehen.
Ein Grund, weshalb man sich Vidocq
– Herrscher der Unterwelt trotz
seiner Schwächen aber dennoch unbedingt anschauen sollte, sind die
Kulissen und Kostüme. Ein Großteil des 22 Millionen Euro Budgets
wurde nämlich in die Sets und Kostüme gesteckt – und das sieht
man. Die authentischen und mit äußerst viel Liebe zum Detail
gestalteten Sets und Kostüme versetzen einen tatsächlich in das
Paris des 19. Jahrhunderts und sind toll anzuschauen.
Bild
& Ton Am
Bild & Ton der Blu-ray gibt es nichts auszusetzen. Die Farben
wirken alle sehr natürlich, aber dennoch kontrastreich. Der
Schwarzwert ist wunderbar und die Schärfe dermaßen gut, dass man
auch noch kleinste Details erkennt – und das trotz des Filmkorns,
der das Bild schön alt aussehen lässt. Beim Sound gibt es wieder
einmal „nur“ einen Deutsch
DTS-HD MA 5.1-Sound zu hören, dieser ist dafür aber tadellos
ausgefallen und bietet neben einem wunderbaren Surround Sound auch
einen kräftigen Bass, der gerade dann wunderbar erklingt, wenn
wieder einmal geschossen wird. Aber auch ruhigere Töne sind
jederzeit wunderbar zu vernehmen und die Dialoge sind ebenfalls stets
kristallklar.
Bonusmaterial Das
Bonusmaterial umfasst neben dem Original-Trailer noch drei
Featurettes, die im Prinzip aber kleine Making-ofs sind. In der
ersten Featurette spricht Regisseur Jean-François
Richet 2:27 Minuten lang über die Besetzung des Films. In der
zweiten Featurette geht es hingegen um die Sets (2:53 Minuten), wobei
hier nicht nur gezeigt wird, wie viel Aufwand in die Kulissen
gesteckt wurde, sondern auch einige Artworks sind zu sehen. In der
dritten und somit letzten Featurette sprechen verschiedene Beteiligte
hingegen knapp 3 Minuten lang über die Kostüme und auf welche
Details bei deren Entstehung geachtet wurde. Die drei Featurettes
sind wirklich sehr interessant. Schade ist nur, dass sie so kurz
ausgefallen sind. Ich persönlich hätte gerne mehr Einblicke hinter
die Kulissen bekommen.
Fazit: Natürlich
ist die Geschichte Vidoqcs auch heute noch interessant. Nach zig
Verfilmungen und Büchern kennt man sie dann aber eben doch so
langsam in- und auswendig. Dennoch kann ich Vidoqc
– Herrscher der Unterwelt
nur jedem empfehlen, denn was diesen Film von allen anderen
Vidoqc-Filmen unterscheidet, ist dessen unglaublicher Hang zur
Detailverliebtheit. So exakt wie hier hat bisher noch kein Film die
damalige Zeit auf die Leinwand (bzw. Bildschirm) gebracht – und das
alles in einer technisch tadellosen Darbietung.
Wer etwas mit der
damaligen Zeit anfangen kann, sollte sich Vidoqc
– Herrscher der Unterwelt
also nicht entgehen lassen!