Der Herr der Ringe Online
Entwickler:
Turbine
Publisher:
Codemasters
Genre:
Adventure
USK Freigabe:
Freigegeben ab 12 Jahren gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
monatliche Kosten + Kaufpreis von 40 €
Systeme:
PC
Testsystem:
2,4 GHz, 1024 MB RAM, 256 MB Grafikkarte
Anforderungen:
1,8 GHz, 512 MB RAM, 64 MB Grafikkarte
Inhalt:
Als ich zum ersten Mal von einer Umsetzung des „Der Herr der
Ringe“ als Online-Rollenspiel
gehört habe, hatte ich große Bedenken, wie eine so komplexe Welt angemessen auf den
PC gebracht werden kann. Die Bücher hatte ich zwar nie gelesen, aber die
Strategiespiele unter der HdR-Flagge hatten meinen Geschmack nur gestreift und
keineswegs getroffen. Dementsprechend ging ich mit Vorbehalt an Turbines
Umsetzung heran.
Meinung:
Nach der langwierigen Installation der Zugangssoftware und der Aktivierung des
Zuganges über Codemasters schlichtes, aber sehr effizientes Account-System
aktualisierte sich die Software völlig selbstständig. Ich konnte überhaupt
keinen Einfluss darauf nehmen, was bei auftretenden Fehlern etwas problematisch
werden könnte, aber verglichen mit anderen Onlinespielen ist HdRO diesbezüglich
sehr nutzerfreundlich geworden. HdRO bietet sowohl Rollenspielserver (kurz „RP“
für RolePlaying) als auch normale Server an. Als Rollenspieler entschied ich
mich für den einzig verfügbaren deutschen RP-Server Belegaer, da es dort
veränderte Verhaltensregeln gibt, die die Atmosphäre verstärken sollen.
Rassen, Klassen – ein
Charakter entsteht Bei der Charaktererstellung bieten sich vier Rassen
(Menschen, Elben, Hobbits und Zwerge) sowie je nach Rasse bis zu sieben Klassen
an (Schurke, Hauptmann, Waffenmeister, Wächter, Jäger, Kundiger und Barde). Ein
Blick in das sehr ausführliche, übersichtliche und gut beschriebene Handbuch
erleichtert die Wahl und Videos stellen die Rassen und Klassen
ebenfalls vor. Das Aussehen des Charakters kann auch eigenen Vorstellungen angepasst
werden: So können der Kopf allgemein verändert, Frisur und Augenbrauen
angepasst sowie das Aussehen von Augen und Mund beeinflusst werden. Auch
kleinere Details wie Narben, Sommersprossen, Ohrringe und so weiter sind nach
Belieben einstellbar. Augen-, Haar- und Hautfarbe bringen auch innerhalb der
Rassen unterschiedliches Aussehen, was mit der Veränderung des Körperbaus
abgerundet wird. So stand bei mir schließlich ein leicht muskulöser Zwergenwächter
mit einem mächtigen, weißen Bart auf dem Podest.
Nach kurzer Ladezeit stand ich zwischen hohen Bergen in einer kleinen
Zwergenfeste und eine Art Einführung begann, die bei jeder Rasse ungefähr bis
Stufe 6 dauert und auch Neulingen einen sanften Einstieg in die Welt
Mittelerdes bietet. Dabei bewegt man sich in einem von der restlichen Welt
abgegrenzten Gebiet, in dem man in Ruhe die Charaktersteuerung, sowie Aufgaben-
und Spielsystem kennenlernen kann. Später gleitet man sanft mit der
Hauptgeschichte in die offene Spielwelt und landet im eigentlichen Startgebiet
der gewählten Rasse.
Tolle Atmospähre Die Geschichte, die in der großen Filmtrilogie unter Peter
Jacksons Regie verfilmt wurde, ist als Hintergrund für Genreneulinge unwichtig,
da die Charaktere in HdRO ihre eigene Geschichte erleben. Die Abenteuer in HdRO verlaufen parallel zu den Erlebnissen
Frodos und seiner Gefährten. Allerdings wird die Geschichte in HdRO keinen
Einfluss auf die Reise des Hobbits haben, denn das Onlinerollenspiel bewegt
sich bislang in einem Teil Mittelerdes, der zumindest in den Filmen nicht
aufgetaucht ist. Selbst Fans, die die Bücher mehrmals
verschlungen haben, könnte das Spiel somit noch gefallen.
Anders, als ich befürchtet habe, hat Turbine die Umsetzung sehr gut
hinbekommen. Das Spiel läuft sehr stabil und sieht selbst bei minimalen
Einstellungen noch gut aus. Bei höchster Qualität wirkt die Welt unglaublich
schön und ich genieße oft einfach nur die schöne Landschaft. Die stets passende Hintergrundmusik rundet dabei die
Atmosphäre herrlich ab, doch um aus dem Schwärmen herauszukommen,
noch ein paar spieltechnische Informationen.
Wie in den meisten Rollenspielen erhält der Charakter für Aufgaben und Gegner
Erfahrungspunkte, wodurch er die nächste Stufe erreicht. Fertigkeiten, wie
Angriffe, Heil- oder Stärkungszauber sind innerhalb einer jeden Klasse gleich
und können ab bestimmten Stufen beim Trainer erworben werden. Es gibt aber nur
neue Fertigkeiten zu kaufen, denn die meisten der alten verbessern sich mit
jedem Stufenaufstieg automatisch. Erst durch bestimmte Taten werden so genannte Eigenschaften erworben, die die
Charaktere individualisieren. Diese Eigenschaften sind in vier Kategorien
unterteilt und bieten verschiedene Boni: Schwache Tugenden, stärkere Rasseneigenschaften,
effiziente Klasseneigenschaften und mächtige, legendäre Eigenschaften.
Die Handwerkskünste In HdRO gibt es zehn Berufsarten, um den
Charakter zu stärken und auszurüsten: Koch, Bauer, Förster, Gelehrter,
Goldschmied, Schmied, Schürfer, Schneider, Waffenschmied und Schreiner. Je drei
von ihnen werden zu einem Hauptberuf zusammengefasst. Jeder Beruf ist dabei in
fünf Stufen unterteilt, von der jede nochmals in zwei Stufen unterteilt ist.
Das klingt komplex, ist aber an sich gut durchdacht und in der Praxis auch
relativ einfach.
Turbine scheint sich viele Gedanken zum Berufssystem gemacht
zu haben, was sich theoretisch sehr gut anhört, doch praktisch noch große Schwächen hat. Einerseits müssen bei einigen Hauptberufen
alle drei Berufe gleichmäßig betrieben werden, was gerade in den höheren Stufen
ein äußerst langwieriges Unterfangen ist, andererseits sind hergestellte
Produkte meist nutzlos. Denn die Rohstoffe können zwar von Spielern gekauft
werden, doch kann sich kaum jemand diesen Luxus leisten. Das Spielsystem hebelt sich beim Handwerk
somit selbst aus. Zudem sind von den sieben Hauptberufen nur vier nötig, um
alle zehn Berufe abzudecken, von denen sich wiederum nur zwei oder drei lohnen.
Alle anderen bieten viel Beschäftigung mit wenig Nutzen, wobei es mir, zum
Leidwesen meiner Gefährten, stets große Freude bereitet, zu jedem Erzvorkommen
zu stürmen, das ich entdecke.
Die Gemeinschaft
In der Gruppe ist man bekanntlich stärker und das gilt besonders in HdRO.
Es gibt sehr, sehr viele Aufgaben, die nur als Gruppe bewältigt werden können,
und so sind die Spieler gezwungen, sich nach dem Vorbild der Gemeinschaft des
Rings mit Gefährten in Gruppen zusammen zu schließen. Eine Gruppe besteht aus
bis zu sechs Spielern und vier Gruppen können einen Schlachtzug bilden, um
besonders schwierige Aufgaben zu meistern. Dabei kann in vielen leichteren
Gruppenaufgaben bei der Klassenverteilung improvisiert werden, doch habe ich
bereits Situationen erlebt, bei denen viele Kombinationen einfach nicht
funktionieren können. Auch merkt man sehr schnell, wie gut jemand seine Klasse
spielen kann, gerade weil jeder eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen hat.
Turbine
hat hier ein sehr enges Muster festgelegt, was das Spiel zwar interessant
macht, aber auch wenig Platz für Freiraum bietet. Außerdem wird der
Schwierigkeitsgrad merklich erhöht, wenn eine Gruppe keine optimale Konstellation
hat.
Bei besonders schwierigen Gegnern können Gruppenmanöver ausgelöst werden. Dabei
pausiert der Kampf ein paar Sekunden und jeder kann zwischen vier Symbolen
wählen, die je nach Reihenfolge und Art spezielle Manöver auslösen. Dies birgt
noch leichte Fehler, doch meist funktioniert es hervorragend und bietet eine
schöne Abwechslung zu anderen Spielen.
PvP – Spieler gegen Spieler Auch in HdRO gibt es PvP, indem Spieler gegen Spieler antreten
können. Neben einfachen Duellen gibt es ab Stufe 10 das Monsterspiel, bei dem der
Spieler als Monster auf der Seite des Bösen kämpft. Zur Verfügung stehen
Ork-Schnitter, Uruk-Schwarzpfeil und Uruk-Kriegsanführer, Weberspinne und
Warkpirscher. Dazu geht es in ein abgesondertes Gebiet, die Ettenöden, zu dem normale
Helden erst ab Stufe 40 Zugang bekommen, was bei nur 50 Stufen insgesamt viel
Geduld voraussetzt und zeigt, dass Turbine nicht auf PvP sondern PvE, Player
versus Environment (Spieler gegen Umgebung), setzt.
Auch gibt es keine Erfahrungspunkte
zu ergattern sondern Schicksalspunkte, die hauptsächlich das eigene Monster
verbessern und den Helden nur sehr schwache, zeitlich begrenzte Stärkungen
bieten. Helden und Monster führen ein eigenes Ranglistensystem und um erfolgreich zu
sein, muss auch hier wieder als Gruppe vorgegangen werden.
Fazit:
Turbine hat ganze Arbeit geleistet und eines der
atmosphärischsten PvE-Spiele auf den Markt gebracht, die es zurzeit gibt.
Grafik und Sound sind umwerfend und die Welt Mittelerdes hervorragend
umgesetzt. Lediglich einzelne, meist spieltechnische Fehler wie das Auktionssystem
und das unhandliche Chatsystem trüben das Vergnügen. Wer das
toleriert, bekommt ein exzellentes Spiel geboten. Klare Kaufempfehlung!
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Autor der Besprechung:
Ralph Traber
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