Genre:
Strategie USK Freigabe:
Freigegeben ab 16 Jahren gemäß § 14 JuSchG. ca. Preis:
39,99 €
Systeme:
PC, PlayStation 4, Switch, Xbox One
Inhalt:
Wie wäre Mafia als rundenbasiertes Rollenspiel gewesen? Wer sich das schon Mal gefragt hat, der findet nun mit Empire of Sin, dem neuesten Spiel von Paradox Interactive und Romero Games, die Antwort darauf.
Meinung:
Empire of Sin verschlägt uns in das Chicago der 1920er Jahre. Die Stadt am Lake Michigan ist zu jener Zeit nicht nur die Jazzmetropole, in der Größen wie Louie Armstrong oder Duke Ellington in den zahlreichen Clubs spielen, sondern auch die Metropole der Gangster, die von der Prohibition profitieren wollen. Genau dies wollen auch wir, als wir als einer von 14 zur Verfügung stehenden Gangsterbosse in die Stadt kommen.
Einige der Charaktere sind dabei frei erfunden, es gibt aber auch einige historische Persönlichkeiten, mit denen man sich aufmachen kann, die Chicagoer Unterwelt zu erobern, darunter auch der wohl legendärste aller Gangsterbosse, Al Capone.
Unterschiedliche Fähigkeiten
Obwohl Al Capone extrem cool zu spielen ist, sollte man sich die Wahl seines Charakters laut Spiel nicht zu einfach machen. Jeder Charakter verfügt nämlich über unterschiedliche Fähigkeiten. Neben einer speziellen Attacke im Kampf sind dies auch Vorteile auf bestimmte illegale Geschäfte. Bei dem einen bringt das Kasino zum Beispiel mehr ein, bei dem anderen kostet das Brauen von Alkohol hingegen weniger. Damit aber noch nicht genug, denn obendrein verfügt jeder Charakter auch über seine ganz eigene Kampagne. So interessant sich das auch alles anhören mag, im Spiel selbst merkt man von alledem leider herzlich wenig. Die Vor- und Nachteile der verschiedenen Charaktere machen sich im Spielverlauf kaum bemerkbar und auch die Kampagnen verfügen zwar je nach Charakter über unterschiedliche Ziele, der Spielverlauf ist aber dennoch immer der gleiche.
Entscheidungen treffen
Im Fall von Al Capone startet dieser mit dem Moment, in dem er im Taxi in Chicago ankommt. Hier treffen wir dann auch direkt auf das erste Spielelement, die Dialoge. Wir bekommen nämlich nicht einfach fertige Zwischensequenzen zu sehen, sondern können selbst auf das Gesagte reagieren. Unsere Antworten haben dabei Einfluss auf das weitere Spielgeschehen. So können wir zum Beispiel dem Taxifahrer einen Gefallen versprechen oder später im Tutorial, in dem uns übrigens auch der Taxifahrer alles Wissenswerte erläutert, während eines Treffens mit einem anderen Gangsterboss entscheiden, ob wir besonnen oder aggressiv auftreten. Je nachdem, für welche Dialogoption wir uns entscheiden, verläuft das Spiel etwas anders oder wir erhalten Nebenaufgaben, die wir ansonsten nicht bekommen hätten.
Rundenbasierte Kämpfe
Natürlich redet ein Gangsterboss aber nicht nur, sondern schreitet auch des Öfteren mal zur Tat, weshalb die Kämpfe ein weiterer großer Bestandteil des Spiels sind. Während wir uns ansonsten quasi die gesamte Zeit lang mittels Übersichtskarte durch Chicago bewegen, wobei wir eigentlich immer nur unser nächstes Ziel anklicken müssen und unser Charakter dann automatisch an den Ort hinläuft, wechselt die Kamera in den Kämpfen in die Nahansicht. Hier können wir dann in bester XCOM-Manier die Kämpfe austragen, wobei unsere Aktionen immer gut überlegt sein wollen. Nicht nur, dass alle Beteiligten nacheinander ihre Aktionen ausführen, man hat für jede Runde auch nur zwei Aktionspunkte zur Verfügung. Die meisten Aktionen kosten zwar immer nur einen Punkt, doch wenn man sich zum Beispiel weiter durch den Ort des Geschehens bewegen möchte, kostet es auch gerne mal direkt beide Punkte. Man muss also immer abwägen, welche Aktion man als nächstes ausführt, dies gilt vor allem für eigene Angriffe. Denn ob diese erfolgreich sind, hängt gleich von mehreren Faktoren ab. Wie weit ist der Gegner entfernt? Steht er hinter einer Deckung? Wie genau schießt unsere Waffe? All dies wird zusammengenommen und zu einer prozentualen Trefferwahrscheinlichkeit ausgerechnet. Wenn diese zu niedrig ist, sollte man sich also lieber einen anderen Platz oder stattdessen eine geeignete Deckung suchen (wobei aber auch eine hohe Prozentzahl nicht garantiert, dass wir auch tatsächlich treffen – dies hängt nämlich auch immer etwas vom Glück ab). Denn genau wie es die Feinde tun, können natürlich auch wir in Deckung gehen und uns so vor Treffern schützen.
Keinesfalls sollte man alleine zu einem Kampf zu gehen. Aus diesem Grund heuert man auch schon zu Anfang seine ersten Handlanger an. Zu Beginn sind diese leider noch recht schwach, doch im Laufe der Zeit stehen einem nicht nur bessere Leute zur Verfügung, auch auf dem Schwarzmarkt gibt es immer bessere Waffen, mit denen man sich oder eben seinen Trupp ausrüsten kann.
Verschenktes Potenzial
Natürlich will dies alles aber auch irgendwie bezahlt werden. Schließlich kämpft selbst für einen Al Capone niemand umsonst, womit wir auch direkt beim dritten wichtigen Spielelement angekommen sind – der Wirtschaftssimulation. Denn um alles zu finanzieren, können wir verschiedene „Geschäfte“ eröffnen. Neben Speakeasys – also Flüsterkneipen, die in den 1920ern in den USA regen Zulauf hatten – können dies auch Brauereien, Hotels, Kasinos und Bordelle sein. Dabei beschränkt sich das Spiel aber nicht nur auf das Erwerben der unterschiedlichen Objekte, man kann sie richtiggehend managen. Hier erinnert Empire of Sin dann tatsächlich an eine echte Wirtschaftssimulation, denn genau wie dort können wir unsere Gebäude in verschiedenen Bereichen upgraden, was dann direkten Einfluss auf das Einkommen des jeweiligen Gebäudes hat. Wenn wir unsere Flüsterkneipe mit einer Band versehen oder unsere Bordelle schicker einrichten, kommen mehr Gäste. Erhöhen wir die Qualität unseres Alkohols, verkaufen wir mehr davon. Nach diesem Prinzip können wir unsere Gebäude effektiver machen. Man sollte aber vorher schauen, ob sich der Aufwand überhaupt lohnt. Schließlich kostet jedes Upgrade auch eine Menge Geld, wovon wir aber zu Anfang nicht allzu viel zur Verfügung stehen haben. Um genau dies herauszufinden, gibt es für jedes Gebäude eine Menge Statistiken, die eingesehen werden können. Hier sieht man dann etwa, wie der Zulauf an Gästen ist, welche Konkurrenzgeschäfte es gibt und noch vieles mehr.
Schade ist, dass diese Statistiken eigentlich nur zu Anfang wirklich wichtig sind. Im späteren Spielverlauf haben wir nämlich dermaßen viel Geld, dass man einfach blind alle zur Verfügung stehenden Upgrades installiert. Noch sehr viel bedauerlicher empfinde ich allerdings, dass das ganze Wirtschaftssystem eigentlich nur dazu dient, um seine Truppen, Waffen und Schmiergelder zu finanzieren. Die Möglichkeit, einen Wirtschaftssieg zu erringen, bietet das Spiel nämlich nicht. Gewinnen kann man tatsächlich nur, wenn man alle gegnerischen Bosse in den Kämpfen ausschaltet. Ich persönlich finde dies wirklich sehr schade, denn es hätte sicherlich einen großen Reiz, wenn man durch geschicktes Wirtschaften seine Kontrahenten dermaßen in finanzielle Schwierigkeiten bringen könnte, dass sie quasi freiwillig aufgeben. Leider wurde diese Chance seitens des Entwicklers aber vertan.
Ein echtes Hin und Her
Technisch ist Empire of Sin aktuell noch ein wahres Hin und Her. Positiv ist auf jeden Fall die Grafik. Auf der Übersichtskarte scheint die Welt zwar noch etwas trostlos zu sein, doch wenn man dann näher heranzoomt und die Kamera in die isometrische Sicht wechselt, fällt einem auf, mit wie viel Liebe zum Detail die Entwickler ihr Chicago der 20er gestaltet haben. Da fahren für die Zeit typische Autos durch die Straßen, Passanten haben die typischen Klamotten an, wobei diese sich je nachdem, ob es sich um einen gutbetuchten Bürger oder um einen wilden Schläger handelt, auch noch voneinander unterscheiden und die Häuser sehen genauso aus, wie man es von Bildern aus der damaligen Zeit kennt. In den einzelnen Gebäuden ist die Detailverliebtheit sogar noch größer. In unserer Flüsterkneipe sind zum Beispiel einzelne Flaschen zu sehen und die Band tritt in einem einheitlichen Look auf, während man im Bordell beobachten kann, wie die Damen mit ihren Kunden von der Bar zu den Räumen gehen. Ebenso gut gefallen hat mir die Synchro, bei der die einzelnen Stimmen gut zu den verschiedenen Charakteren passen, sowie der Jazz-Soundtrack, der das Flair des Chicago der 20er Jahre perfekt einfängt.
Leider ist aber eben nicht alles so toll. Aktuell plagen das Spiel nämlich noch einige Bugs. Selbst auf der Xbox Series X ist es mir so manches Mal passiert, dass es zu längeren Freezes oder auch sichtbaren Pop-ups kam. Außerdem scheint mir die Wahrscheinlichkeit, ob man während der Kämpfe einen Treffer landet oder nicht, auch noch nicht so ganz ausbalanciert zu sein. Zumindest kann ich nicht ganz nachvollziehen, wie ein Schuss daneben gehen kann, wenn ich genau vor dem Gegner stehe. All diese Fehler sind aber auszumerzen und wie der Publisher bereits bekannt gegeben hat, arbeiten die Entwickler gerade auch genau daran. Spätestens dann gibt es eigentlich nichts mehr, was einen abhalten könnte, sein eigenes Gangsterimperium aufzubauen.
Fazit:
Als Empire of Sin angekündigt wurde, war ich direkt Feuer und Flamme – schließlich liebe ich das Mafia-Setting und freue mich deshalb über jedes neue Spiel oder jede neue Serie, die dieses aufgreift.
Leider wurde die Freude beim Testen ein wenig getrübt. Zwar bietet das Spiel einen interessanten Mix aus rundenbasierten Kämpfen, Rollenspiel und Wirtschaftssimulation, doch gerade letzteres ist dann doch etwas zu oberflächlich geraten. Nicht nur, dass man ab einem bestimmten Zeitpunkt blindlings alle Upgrades kaufen kann, im Grunde dient das Ganze ausschließlich dazu, seine Trupps und Waffen zu finanzieren. Eine Möglichkeit, einen wirtschaftlichen Sieg einzufahren, gibt es hingegen nicht. Das ist sehr schade, weil gerade dies in diesem Setting sicherlich sehr interessant gewesen wäre.
Dann wären da noch die technischen Probleme, die das Spiel aktuell noch plagen. Doch all das konnte dennoch nicht verhindern, dass ich mit Empire of Sin eine Menge Spaß hatte und noch haben werde (schließlich möchte ich doch auch noch die Kampagnen der anderen Charaktere sehen). Genauso wird es sicherlich auch jedem anderen ergehen, der das Setting genauso liebt wie ich.
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