Bioshock Infinite
Entwickler:
2K Games
Publisher:
2K Games
Genre:
Action
USK Freigabe:
keine Jugendfreigabe gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
59,00 €
Systeme:
PC, PlayStation 3, Xbox 360
Inhalt:
Ich bin jetzt seit vielen Jahren hier bei Splashgames und so ein Spiel wie Bioshock Infinite ist mir noch nie untergekommen . Im positiven wie auch im negativen war das Schreiben für dieses Spiel und die Einschätzung des Erlebten ein Drahtseilakt. Ja ich gebe zu, ich habe mich sehr schwer getan, trotz oder gerade weil die Lobeshymmnen weit und breit nicht abreißen wollten.
Meinung:
Der Leuchtturm
Da sitzt man in einem Ruderboot, die stürmische See um einem
herum, ein plapperndes Pärchen die sich um die Ruderei streiten und in
der Ferne ein Leuchtturm. Stürmische See und der Leuchtturm, da war doch
was? Ja, es ist eine Art kleine Hommage an Bioshock. Doch diesmal geht
es im Leuchtturm nicht nach unten, in die Tiefen von Rapture, nein es
geht nach oben in die Wolken, ab nach Columbia. Hier zeigt sich auch ein
völlig anderes Gesicht, keine zerstörte, dem Untergang geweihte
Metropole, nein, überall ist Sonnenschein, nette fromme Menschen und
prächtige Gärten säumen den Wegesrand. Alles strahlt und glänzt, man
könnte fast meinen, man wäre nicht im Jahre 1912 sondern im biblischen
Himmel.
Man ist aber auf gar nicht frommer Mission dort, sondern spielt
Booker DeWitt, der ein Mädchen Namens Elizabeth entführen soll, dafür
wird ihm die Schuld erlassen. Wer ist das Mädchen? Welche Schuld?
Auftraggeber? Man tappt am Anfang ziemlich im Dunklen, ahnt nur, dass
hinter der Fassade der Anfänge des 19ten Jahrhunderts im Himmel etwas
anderes lauert, als die vielen weißen Westen der Bürger hier vermuten
lassen. Erste Begeisterung macht sich breit über die tolle Vision der
Entwickler und dem frischen Szenario.
Bekanntes
Leider überträgt sich die volle Begeisterung nicht in alle
anderen Spielbereiche, teilweise stürzt man eher unaufhaltsam aus den
Wolken gen Erdball.
Das Gameplay ist äußerst klassisch. Meist recht linear ballert
man sich in bester Ego-Shooter-Manier von Areal zu Areal. Das macht
soviel Spaß, wie man eben daran Spaß hat, Gegnerwelle um Gegnerwelle zu
erledigen. Die Schießprügel sind nicht wirklich innovativ, was aber bei
dem Setting völlig in Ordnung ist. Serientypisch wird der Shooter-Alltag
mit magischen Fertigkeiten, auch Vigor genannt, aufgepeppt. Jede
Fertigkeit kann auf zwei verschiedene Arten angewandt werden und meist
mit einer anderen Kraft kombiniert werden.
So kann man Feuerbälle schmeißen, mit Krähenschwärmen Gegner
behindern oder Projektile aufsaugen und dann zurückschleudern. Ganze acht Fertigkeiten gibt es im Spiel zu finden, ausrüsten kann man aber
immer nur zwei gleichzeitig. Und auch die Umgebung kann man mit
einbeziehen. Feuer auf eine Öllache, oder Blitzkräfte in Wasserpfützen
geschleudert, da brutzeln die Gegner erst so richtig. Am meisten Spaß macht
es aber mit der Wasserkraft die Gegner über Brüstungen in den Tod zu
schubsen. Bioshock-Spieler kennen diese Spielereien in Form der Plasmide
aus Rapture.
Das Problem an der Sache, das ganze Spiel kann man locker nur mit
den Schusswaffen meistern. Weder Rätsel noch spezielle Gegner erfordern
das geschickte Einsetzen bestimmter Fähigkeiten. Hier wird wirklich
Potential leichtfertig vergeben und selbst Bioshock hat hier mehr
geboten!
Sky-Lines
Witzig sind die Railroadausflüge, die eine frische Brise ins
Shootergenre bringen. In einer beweglichen Wolkenstadt lässt sich eine
Eisenbahn für den Güter- und Personentransport nur schwer umsetzen und
so gibt es eine Art Seilbahn. Was dann rockt ist die Möglichkeit mit
einem Greifarm an diese Seile bzw. Sky-Lines zu springen und dann in
Achterbahn-Manier durch die Gegend zu rutschen. Dabei darf sogar
geballert, die Geschwindigkeit geregelt oder Sprungattacken auf Gegner
ausgeführt werden. Ein witziges Gameplay-Element das leider gerade zu
Anfang viel zu selten zum Einsatz kommt.
Der Greifarm ist übrigens auch blutige Nahkampfwaffe. Da werden
Hälse gebrochen, Bäuche blutig aufgeschlitzt oder Köpfe abgetrennt.
Allgemein ist die Gewalt relativ hoch und der ein oder andere Kopf
fliegt schon mal durch die Gegend.
Anziehen und Verbessern
Nette Neuerung ist das Einsammeln von Kleidungsstücken und den damit
verbundenen Vorteilen im Kampf. So kann man sich durch
Nachkampftötungen heilen, wird nach dem Absprung von der Seilbahn
kurzzeitig unverwundbar oder sorgt für höheren Schaden bei Kopfschüssen.
Meistens sind die Kleidungsstücke gut versteckt und erfordern das
Suchen abseits des Handlungsfadens.
Die Klamotten sind aber nicht die einzigen Verbesserungen. An
Verkaufsautomaten kann mit hart ersammeltem Geld entweder jede Waffe in
unterschiedlichen Bereichen verbessert werden und, was noch teurer ist,
auch die Vigorkräfte.
Ist das das große Bioshock was man erwartet hat? Solides Gameplay
mit innovativem Setting und kleinen Verbesserungen? Fast macht sich
Ernüchterung breit, aber eben auch nur fast, denn Bioshock Infinite
glänze in einem Bereich so hell, dass alle Ecken und Kanten so rund
geschliffen werden, wie der glatteste Stein im Meer.
Der Sog der Geschichte
Denn nichts ist so, wie es am Anfang erscheint. Der heilige
Prophet und Regent der Wolkenstadt wirkt nach wenigen Spielminuten eher
wie ein Diktator und schon früh lassen manche Bemerkungen von Passanten
übles erahnen. Viel mehr will ich hier auch nicht verraten, denn das
Spiel lebt durch seine Wendungen, dem Treffen von großartig entworfenen
Charakteren und vielen überraschenden Entdeckungen in dieser Welt hoch
oben in den Wolken. Gerade auch abseits des Handlungspfades werden immer
wieder Szenen geboten, die unter die Haut gehen. Allerdings sind diese
Momente eher am Anfang und Ende zu suchen, zwischendrin nimmt sich das
Spiel hier und da etwas zuviel Zeit und kann die Spannung nicht ganz aufrechterhalten.
Dennoch ist die wendungsreiche Geschichte und Atmosphäre im
Himmel der Grund, warum man dieses Spiel in seine Konsole schiebt, und am
Ende kann man sie kaum noch ausschalten. Die Spannung ist dabei nicht
alles was fesselt, auch die Themen die aufgegriffen werden sind
hochbrisant und in der heutigen Zeit noch aktuell. Die letzten Stunden
des Spiels sind dann eine derart fulminante Achterbahnfahrt, das einem
noch viele Stunden nach dem Abspann schwindlig im Kopf ist. Ken Levine
und sein Team haben hier etwas wirklich großartiges geschaffen.
Technische Enttäuschung
Nicht ganz so phänomenal fällt die Technik aus. Auf den Konsolen
wirken viele Texturen recht matschig, gerade was die Gesichter angeht.
Manche Kulissen in Columbia fehlt einfach der Kontrast und vor allem
viele Details. Wer sich die PC-Version anguckt, dem treibt die
Konsolengrafik wirklich Tränen in die Augen, und ich bin bei weitem kein
Grafikfetischist.
Noch mehr nagen an der ansonsten tadellosen Atmosphäre aber die
Klone auf Seiten der Bevölkerung und Soldaten. Man staunt nicht schlecht
wenn man innerhalb von wenigen Minuten ein und dieselbe Person mehrmals
sieht, ja teilweise stehen sie sogar nebeneinander. Und laufen lernen
müssen die Bewohner auch noch, denn die meiste Zeit stehen die Bewohner
stocksteif da. Ja sie haben oft interessante Sachen zu erzählen und
haben ihre eigene lebendige Geschichte, aber trotzdem wirken sie eher
wie abgestellte Schaufensterpuppen. Schade, denn hier verspielt man
ein wenig die Authentizität dieser Stadt.
Über jeden Zweifel erhaben ist dann wiederum der Sound. Die
Synchronisation ist vom einfachen Passanten bis hin zu den
Hauptprotagonisten hervorragend, die Musik trifft zur Spielstimmung
immer den richtigen Ton. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass es
sich lohnt den Soundtrack zu kaufen.
Fazit:
Der Beginn von Bioshock Infinite ist atmosphärisch äußerst stark, stagniert dann leider, vielleicht muss das Spiel aber auch nur Luft holen, denn am Ende explodiert es in einem atmosphärischen Feuerwerk. Der Spieler gerät in einem enormen Sog aus der Charakterbeziehungen zu Elizabeth und der wendungsreichen und großartigen Geschichte. Ich behaupte, die letzten Spielstunden rechtfertigen fast alles und sind Grund dafür, warum die Ecken des Spiels am Ende fast vergessen sind.
Aber eben nur fast. Gerade im Mittelteil des Spiel dümpelt das Gameplay vor sich hin. Der Shooterpart ist positiv ausgedrückt nur klassisch, die zusätzliche Fähigkeiten zwar nett, aber nicht mehr als eine Auflockerung. Rätsel oder anderweitige Herausforderungen, die die Fähigkeiten interessanter eingebettet hätten, fehlen. Hier wäre viel mehr drin gewesen! Und gerade auf der Konsole ist technisch nicht alles auf der Höhe der Zeit – ich rate dringendst zur PC-Version!
Trotzdem ist Bioshock Infinite ein absoluter Pflichttitel! Ich ziehe meinen Hut vor Ken Levine und seinem Team für diese grandiose Geschichte und deren Inszenierung, die eigentlich erst nach dem Spiel, sein volles Potential beim Nachdenken oder sogar zweiten Durchlauf erst voll entfaltet.
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