Football Academy [DS]
Entwickler:
EA Sports
Publisher:
EA Sports
Genre:
Handheld
USK Freigabe:
Freigegeben ohne Altersbeschränkung gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
39,95 €
Systeme:
DS
Inhalt:
Obwohl es sich bei der Videospiel-Branche bekanntlich um einen relativ jungen Schauplatz der Weltwirtschaft handelt, haben sich auch hier bestimmte Traditionen entwickelt, an denen kein Entwickler vorbeikommt. Eine davon ist die Tatsache, dass die Sportspiele aus dem Hause EA immer den gerade aktuellen Superstar der betreffenden Sportart auf dem Cover tragen, immer angepasst an das jeweilige Land, in dem der Titel gerade erscheint. So ziert FIFA '09 z.B. immer Ronaldinho im Duett mit beispielsweise Wayne Rooney oder Kevin Kuranyi (naja, auch Marketingstrategen können irren). Was steckt nun also dahinter, wenn auf dem jüngst erschienenen Football Academy gar keine echten Fotos zu sehen sind, sondern nur schlecht gezeichnete Comicfiguren, die grob an irgendwelche Stars erinnern? Zwingt die Finanzkrise auch EA zu schmerzhaften Einsparungen? Oder hält der Publisher selber nicht viel von seinem Produkt? Dieser Test wird es zeigen...
Meinung:
Schon nach wenigen Sekunden bestätigt sich der erste Verdacht: Der seltsame alte Mann auf dem Cover des Spiels soll wirklich Felipe Scolari darstellen, ehemaliger Trainer von Chelsea und Nationalmannschaften dies- und jenseits des Atlantiks. Sicher sein kann man diesbezüglich aber nur deshalb, weil der erfahrene Trainer sich selber vorstellt. Damit nicht genug, verspricht er dem Spieler, ihm fortan treu zur Seite zu stehen. Schließlich geht es um nicht weniger als die Meisterschaft in der (fiktiven) Ausbildungsschule für angehende Manager eines Fussballteams: Die Football Academy.
Voller Terminplan Wer sich jetzt erstmal gemütlich das Training seiner Spieler ansehen will, liegt ziemlich daneben. Denn wie sich das für einen Manager gehört, warten gleich mehrere Aufgaben darauf, möglichst fehlerlos erledigt zu werden. Zur Verfügung steht dem Spieler dazu zum Glück ein hypermodernes Sportgelände mit allem Drum und Dran. Aber Achtung: Egal, ob man sich auf dem Trainingsplatz, in der Umkleidekabine oder im Vereinsheim herumtreibt: immer verrinnen dabei im Hintergrund die kostbaren Academy-Tage. Und wirklich lange ist es bis zu den wirklich wichtigen Spielen auch nicht mehr hin.
Training einmal anders Wer jetzt voller Elan seine Spieler zu einem Waldlauf schicken will, darf die Laufschuhe gleich wieder einpacken. Trainiert wird in Football Academy (sichtbar) nur das Hirn des Team-Managers und der ist, wie gesagt, der Spieler. Also setzt mich in seine Kabine und beginnt mit mehreren Minispielen, um so den eigenen Fußball-IQ zu steigern. Dabei gibt es beachtliche 14 Disziplinen erst freizuspielen und dann erfolgreich abzuschließen, um ungeahnte Intellekt-Level zu erreichen. Tatsächlich lernt man dabei wirklich einiges an Details über den europäischen Fußball, gerät aber relativ schnell an die Grenzen. Das liegt zum Einen daran, dass wohl nur wenigsten wissen, wie das Wappen vom FC Bilbao aussieht, und zum Anderen an der geringen Langzeitmotivation, die die Spielchen mit sich bringen.
Muskulärer Verschleiß Als wäre die sich schnell einfindende Langeweile nicht schon unangenehm genug, zermürben einige Design-Schnitzer den Spielspaß bei Football Academy zusätzlich. So ist die Aufgabe, die einzelnen Buchstaben auf dem Spielerbogen richtig anzuordenen, oft nur per Trial-and-Error-System zu absolvieren, dann aber oft sehr, sehr einfach zu meistern. Auf der anderen Seite zieht das Wappen-Freirubbeln fast zwangsläufig eine mittlere Sehnenscheidenentzündung nach sich, obwohl der Spieler nur ein paar Gnadenpunkte einfährt.
Der zwölfte Mann Dabei ist der Fußball-IQ nicht nur für das Trainer-Ego, sondern auch für die Mannschaft von entscheidender Bedeutung. Denn das Wissen des Verantwortlichen hebt die Form aller Spieler erst auf ein konkurrenzfähiges Level (so viel zum Realismus), das nötig ist, um die immer stärkeren Gegner zu besiegen. Je erfolgreicher der Spieler bei den Tests abschneidet, umso mehr Punkte werden auf den einzelnen Wert des Spielers gerechnet. So weit, so klar.
Fragwürdig Jetzt kommt aber die Taktik ins Spiel. Gesteigert werden kann die Stärke der einzelnen Athleten aber auch über die richtige Mannschaftsaufstellung bzw. die Chemie zwischen den Spielern. Zu beachten sind hierbei nicht nur obligatorische Punkte wie Spielsystem und persönliche Präferenzen, auch die Nationalität will mit einberechnet werden. Zum Einen verstehen sich bei Football Academy Spanier nur mit Spaniern wirklich und zum Anderen können verschiedene Nationen bestimmte Dinge einfach besser als andere. Die Deutschen z.B. gehören wie zu erwarten in die Verteidigung. Angesichts einer globalisierten Fußballwelt ein seltsames Weltbild.
Was zählt, ist auffem Platz All das ist aber vergessen, wenn der Schiedsrichter eines der unzähligen Spiele anpfeift, wozu aber erstmal ein vernünftiger Gegner freigespielt werden muss. Ist das erledigt, geht’s los. Wer jetzt aber wusselnden Männchen gerechnet hat, wird enttäuscht. Zu sehen ist einzig und allein ein in Zonen eingeteiltes Spielfeld, über das eine gelbe Markierung wandert. Die signalisiert den Bereich des Feldes, in dem sich der Ball befindet. Der Ballbesitz allerdings bleibt unklar. Entsprechend verkommt die Möglichkeit, Spielausrichtung (offensiv, defensiv, ausgeglichen) oder Taktik (über rechts, über links, durch die Mitte) jederzeit zu ändern, zum bloßen Ratespiel.
Mehr Mathe als Sport Irgendwann ist es dann soweit und eine Mannschaft greift an. In der Folge kommt es bei Football Academy zu verschiedenen Zweikampfsituationen, in denen dem Spieler immer die zwei Möglichkeiten zur Auswahl stehen: entweder Risiko oder auf Nummer Sicher. Je nachdem, wie man entschieden hat, verändert sich der Spielraum, in dem auf Basis des normalen Spielerwertes ein zufälliger Zweikampfwert ermittelt wird. Der wird noch modifiziert durch die Chemie des Teams, den Fußball-IQ des Trainers und die Erschöpfung des jeweiligen Spielers. Wer dann mehr Punkte hat, gewinnt. Auch wenn dieses System sogar irgendwie funktioniert, hat es mit realem Fußball nur noch verdammt wenig zu tun.
Sammelfieber Falls ein Spiel einmal erfolgreich absolviert ist, sollte man als guter Manager erstmal den Spielern eine Pause gönnen und sich selber um seinen IQ kümmern. Ist das abgehakt, gilt es die neuerworbenen Spieler zu begutachten und entsprechend das Team umzustellen. Da die Darstellung des internationalen Transfermarktes schon ausgewachsene Sportwissenschaftler überfordert, greift Football Academy dabei auf einen originellen Trick zurück. Alle Transfers laufen über das Tauschen von Sammelkarten ab. Und keine Angst, ein Sammelalbum gibt es sogar auch.
Wer bin ich? Gerade in dem wird aber die ausgesprochen grobe Grafik von Football Academy offenbar. Denn leider beschränkt sich der misslungene Comicstil nicht nur auf das Spielcover, sondern zieht sich wie hässlicher roter Faden durch das komplette Spiel. Dadurch haben es selbst eingefleischte Fußballfans ausgesprochen schwer, das Konterfei des eigenen Lieblingsspielers zu erkennen. Zum Glück stehen die aber immer die Originalnamen der Spieler unter den Pseudofotos. Denn für die FIFA-Lizenz hat es bei Football Academy immerhin gereicht.
Fazit:
Diese eigentlich obligatorische Tatsache stellt aber auch einen der ganz wenigen Pluspunkte von Football Academy dar. Abgesehen von einer im Ansatz interessanten Spielmechanik und einem didaktisch sinnvollen Wissensgewinn, der mit dem Spielen verbunden ist, steht aber sonst nicht viel auf der Haben-Seite. Auf Dauer öde Minispiele, Schwächen in deren Umsetzung und Begegnungen, die nur die Fachbegriffe mit dem sportlichen Vorbild gemein haben, fressen diese Vorteile des Titels aber mehr als auf. Heraus kommt ein Spiel, dass das Kunststück vollbringt, aus dem emotionalen Zirkus Fußball ein belangloses Quartett-Spiel zu machen. Offenbar war es also weniger die Finanzkrise, die bei der Gestaltung der Verpackung des Spiels eine Rolle gespielt hat.
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Autor der Besprechung:
Max Link
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