Dracula Origin
Entwickler:
Koch Media
Publisher:
Koch Media
Genre:
Adventure
USK Freigabe:
Freigegeben ab 12 Jahren gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
36,95 €
Systeme:
PC
Anforderungen:
Windows XP / Vista, Prozessor mit 1.5 GHz, 512 MB RAM, 3D-Grafikkarte mit 64 MB, 1.7 GB freier Festplattenspeicher, DirectX kompatible Soundkarte, DirectX 9
Inhalt:
111 - eine magische Zahl, zumindest für den Iren Bram Stoker. Genau so viele Jahre sind nämlich schon vergangen, seit der legendäre Schriftsteller sein Meisterwerk Dracula erschaffen hat, welches im 20. Jahrhundert zu den mit Abstand am meisten interpretierten Literaturwerken weltweit gehörte. Während Lichtspielhäuser, Theatersäle und selbst die Comic-Industrie das vampirische Geschöpf der Finsternis als Kultfigur wahrlich ausgeschlachtet haben, ist Dracula bislang selten in digitaler Form auf den Pan getreten. Auch die Konsolenwelt nahm nur gelegentlich Kenntnis von seiner medialen Existenz, sei es nun in Klassikern wie Castlevania oder eben der gleichnamigen Serie. Mit Dracula Origin soll dieser latente Mangel nun endgültig aufgehoben werden.
Meinung:
Ein Blick auf die Story der aktuellen Adaption führt aber erst einmal
zu berechtigter Skepsis, da das Skript der Adventure-Story nun alles
andere als eine freie Interpretation ist. Stattdessen wird die
abgegriffene Geschichte nahezu eins zu eins übernommen, was zumindest
so manchem ersättigten Dracula-Anhänger ein dezentes Gähnen entlocken
sollte. Allerdings kommt es natürlich in erster Linie darauf an, wie
und in welchem Umfang das Ganze ausgearbeitet und umgesetzt wurde. Und
siehe da: Dracula Origin hat einige wirklich herausragende Qualitäten!
Der ewige Kampf
Tja, da ist sie wieder, frisch aufbereitet, aber dennoch hinlänglich
bekannt. Die Rede ist von der Story, die damit beginnt, dass Van
Helsing einen Brief seines ehemaligen Schülers Jonathan Harker erhält.
Dieser war der festen Überzeugung, Dracula aufstöbern und zur Strecke
bringen zu können, wurde aber vom Grafen eher unfreundlich in Empfang
genommen. Noch dazu hat Harker dem Vampir von seiner lieblichen
Herzdame Mina berichtet, der er nun vor Ort in London nachstellt und
für seine blutigen Zwecke gewinnen will. Just an diesem Punkt kommt
dann Van Helsing ins Spiel, der sich aufmacht, Mina vor dem Fürsten
Transsilvaniens zu schützen und ihn ein für allemal zu pfählen. Doch
Dracula ist mal wieder einen Schritt schneller und flüchtet durch die
halbe Welt.
Wenig Überraschendes - schlimm?
Da die Geschichte nun in all ihren vielen Details nachgespielt wird,
sollte man für die vielen Wendungen gewappnet sein, andererseits aber
eben auch nicht viele Überraschungen erwarten. Man reist an Draculas
wichtigsten Stationen vorbei, folgt ihm unterdessen auch durch
exotische Gebiete wie Ägypten und bereitet gleichzeitig schon den
finalen Showdown im Schloss des Aristokraten im tiefsten rumänischen
Gebirge vor. Die Übergänge zwischen den Reisen werden von einzelnen
Einspielern begleitet, so dass der Plot inhaltlich wirklich detailreich
wiedergegeben wird. Doch andererseits: Kann man den Designern diese
Linientreue in irgendeiner Form vorwerfen? Hätte die Geschichte eine
vergleichbare Atmosphäre, wenn man gravierende Maßnahmen ergriffen und
vom Inhalt abgewichen wäre? Dieses Thema wird derzeit heiß diskutiert,
wird aber letztendlich vom Spiel selber beantwortet. Dieses wäre
nämlich sicherlich nicht annähernd so Überzeugend, hätte man sich
künstlich um Stokers Vermächtnis herum gewurschtelt.
Auf den Fersen des Grafen
Standesgemäß reist man im Schlepptau des mächtigen Gegners durch die
Szenerie, erblickt jedoch oft nur dessen Fußspuren – wenn Überhaupt. So
verschlägt es unseren Helden an völlig entlegene Orte, in denen man
sich schließlich auf Spurensuche begibt. Notizen werden aufgesammelt,
Relikte verwaltet und selbst die unscheinbarsten Gegenstände in den
Rucksack gepackt, sie könnten sich schließlich mal als nützlich
erweisen. In diesem Stile erkundigt man das menschenleere Kairo,
streift vergeblich durch Londons Friedhoflandschaften, schlägt sich
durch das düster-romantische Wien und löst dabei allerhand knifflige
Rätsel, die am Ende zur Ergreifung des Grafen führen sollen. Die Story
bleibt derweil linear, das Spiel ebenso, doch was zunächst wie ein sehr
schlüssig strukturiertes Adventure ausschaut, entwickelt sich in
Windeseile zu einem Äußerst komplexen Unterfangen.
Denksport für Profis
Die Rätsel und Mechanismen, die man nämlich währenddessen aushebeln
muss, erweisen sich in der Praxis als unheimlich hart, stellenweise
sogar als enorm unfair. Oftmals sind die dezenten Hinweise
unzureichend, und nicht selten ertappt man sich dabei, wie man eine
Kniffelaufgabe eher zufällig und beiläufig aufdeckt, weil man zuvor
verzweifelt und unbeholfen experimentiert und versucht hat. Wer also
hofft, das Spiel ausschließlich durch logisches Denken knacken zu
können, wird nicht bloß einmal vor eine enorme Geduldsprobe gestellt.
Insgesamt ist dieser unverhältnismäßig hohe Schwierigkeitsgrad leider
auch ein kleiner Spaßhemmer. Denn auch wenn sich im Nachhinein viele
Zusammenhänge als nachvollziehbar erweisen, so kommt man ihnen häufig
erst nach Überflüssig langem Hin und Her auf die Schliche. Und gerade
dies sollte selbst in einem anspruchsvolleren Adventure nicht permanent
an der Tagesordnung sein. Schließlich kann es nicht zweckmäßig sein,
schon bei den ersten Aufgaben zur extra erhältlichen Komplettlösung zu
greifen.
Stimmige Präsentation
Dem entgegen ist das Erscheinungsbild des Spiels absolut stimmig: Die
Kulissen sorgen für eine schaurige Atmosphäre, die Charaktere werden
Ähnlich treffend in Szene gesetzt und auch die Menüs greife sehr schön
ineinander Über. Dazu kommen stets interessante Soundeffekte, die sehr
schön auf die jeweilige Szenerie abgestimmt sind. Die Raben auf dem
Friedhof beispielsweise strahlen in der Tat die Bedrohung aus, die von
diesem Ort ausgehen. Und da man klanglich auch nicht anbrennen lässt,
ist auch die Synchronisation kaum anzufechten. Hier und dort fehlt es
den Charakteren zwar ein wenig an Charisma, jedoch ist dies bei
virtuellen Figuren ja eh so eine Sache. Prinzipiell ist’s jedenfalls
vollkommen okay!
Point & Click in Perfektion
Auch in Sachen Handling kann man Dracula Origin absolut nichts
vorwerfen, obschon – oder gerade weil – man an keiner Stelle von
erprobten Adventure-Tugenden abweicht. Darüber hinaus ist die
Gestaltung der Bewegungen Äußerst flüssig, sodass die manchmal
genreüblichen Geduldsproben sich zumindest in diesem Abteil nicht
aufdrängen. Außerdem wecken die weichen Bewegungen des 3rd-Person-Van
Helsing sofort die Sympathien des langjährigen Knobel-Gamers. Viel
wichtiger als dies ist nur noch, dass der zu steuernde Pfeil oftmals
die vergeblich gesuchten Hinweise liefert, wenn man per Zufall mit dem
Cursor Über eine bestimmte Fläche schlittert. Aber dieses Problem wurde
ja schon anderweitig beschrieben.
Übersicht ist alles
Ja, die Übersicht, ein weiteres nennenswertes Themengebiet in Dracula Origin;
während die Menüführung nämlich keine Wünsche offen lässt und die
Benutzeroberfläche alles in allem den Gegebenheiten des Spiels
angepasst ist, ist die Übersicht über Story, Verlauf und Fortschritte
nicht immer befriedigend. Man muss schon fast dankbar sein, dass
zumindest einige Fetzen in einer Art Logbuch festgehalten werden, in
welchem im Übrigen auch die wenigen entscheidenden Hinweise für die
nächsten Spielstationen verzeichnet sind. Und dennoch hängt man so
manches Mal in der Luft, weil man nicht wirklich weiß, wie es jetzt
weitergehen soll, was rückblickend definitiv das schwerwiegendste
Problem des gesamten Spiels ist.
Fazit:
Dracula Origin ist zweifelsohne ein Spiel für extrem fortgeschrittene, erfahrene Adventure-Gamer und wird letztendlich auch nur in diesen speziellen Kreisen Anerkennung finden. Es mangelt leider an einer adäquaten Übersicht und gewissen Orientierungspunkten, mit denen sich die einzelnen Rätsel vernünftiger entschlüsseln ließen. Darüber hinaus ist der Schwierigkeitsgrad ein enormes Hindernis und in vielen Passagen des Spiels Überhaupt nicht mehr fair. Ohne Frustration wird sich also niemand so leicht durch das Spiel schlagen, auch erprobte Freaks nicht. Dieses Problem macht das Game auf jeden Fall zu einem zweischneidigen Schwert. Einerseits ist der Anspruch auf allerhöchstem Niveau und somit genau das richtige für echte Profis; andererseits wird viel zu oft die Logik ausgeschaltet, weil sich bestimmte Rätsel nicht verstandsmäßig lösen lassen. Daher: Ein interessantes Adventure ist Dracula Origin allemal - aber eben auch ein unverhältnismäßig hartes!
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Autor der Besprechung:
Bj�rn Backes
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