Agatha Christie: Und dann gabs keines mehr
Entwickler:
The Adventure Company
Publisher:
The Adventure Company
Genre:
Adventure
USK Freigabe:
Freigegeben ohne Altersbeschränkung gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
50 €
Systeme:
Wii
Inhalt:
Im Moment ist scheinbar Mode, große Detektive in Kriminalabenteuern auf Ganovenjagd zu
schicken. Sherlock Holmes hat nun schon diverse Male nicht nur natürliche Verbrechen
aufgeklärt und auch Agatha Christies bekannter Belgier Hercule Poirot wurde bereits
ausgesendet. Patrick Naracott ist eher unbekannt, was daran liegen könnte, dass er in der
Buchvorlage zum Adventure Und dann gabs keines mehr nicht vorkommt.
Meinung:
Das Spiel basiert auf Agatha Christies gleichnamigen Roman (der allerdings auch unter dem
Titel "Da waren's nur noch neun" bekannt ist), in dem sich 10 Personen unterschiedlichster
Berufe, Alters- und Sozialklassen auf einer Insel einfinden. Der Besitzer der Insel namens
U. N. Owen beschuldigt jeden einzelnen eines abscheulichen Verbrechens und nacheinander wird
die Anzahl der Beteiligten langsam aber sicher dezimiert. Gruseligerweise richtet sich der
Killer dabei auch noch nach einem grotesken Kinderreim über 10 kleine Leichtmatrosen. Nur
der Bootsfahrer Patrick Naracott, dessen Rolle der Spieler übernimmt, fühlt sich als
uneingeplanter Außenseiter berufen, in dem Fall zu ermitteln und den Täter zu stellen.
Atmosphäre Ein Krimi steht und fällt mit der Spannung, welche durch die
Handlung erzeugt wird. Die Geschichte selbst, von der Queen of Suspense immerhin verfasst,
vermag durchaus zu überzeugen, allerdings klingen alle Dialoge vollkommen zusammenhangslos,
dass die Atmosphäre wieder zerstört wird. Wenn gerade jemand gestorben ist, man einen
anderen darüber ausfragt und dieser in Tränen ausbricht, Naracott sofort danach das Gespräch
aber mit "Einen schönen Tag noch." beendet, stimmt etwas nicht.
Dabei liegt das Problem keinesfalls an den Sprechern. Einige deutsche Stimmen wirken zwar
ein wenig deplatziert, aber allein schon Andreas Fröhlich, der als deutsche Stimme von John
Cusack oder Edward Norton bekannt ist, macht seine Sache als Hauptcharakter hervorragend und
auch so manche Nebenrolle wie der Diener Rogers fallen positiv auf. Wenn man die
stimmungsvolle Hintergrundmusk von der Standardeinstellung ein wenig herunterregelt, kann
man die Dialoge sogar verstehen.
Was mache ich eigentlich? Ein großes Problem der Atmosphäre ist auch,
dass man häufig nicht genau weiss, was eigentlich zu tun ist. Viele Rätsel, die für den
Hintergrund der Insel wichtig sind, kann man quasi jederzeit lösen, ohne dass sie einen
Einfluss auf die aktuelle Geschichte haben. Außerdem gibt es viele kriminologische Aufgabe,
die man ausführen kann, wie das Suchen nach Fingerabdrücken, die aber alle keine
Auswirkungen auf das Spiel haben, da in der Regel auch kein befriedigendes Ergebnis erzielt
wird. Als Beispiel sei genannt, dass der einzige Fingerabdruck, den man auf dem Glas eines
Giftmordes findet, vom Opfer stammt. Hinzu kommen die ewig langen Laufwege auf der Insel,
die mit einer Karte hätten abgekürzt werden müssen. Die eigentlichen, story-relevanten Rätsel bieten dafür ein breit gefächertes Spektrum von sehr einfach bis unlösbar schwer. Wer genau hinsieht, kann kleine Kärtchen mit Hinweisen aufsammeln, die allerdings ebenfalls so kryptisch sind, dass sich der Sinn hinter ihnen meist erst nach der Lösung des Rätsels offenbart. Hat man aber die wichtigen Rätsel erst einmal gefunden, macht es durchaus Spaß sich durch sie durchzuknobeln.
Die Möglichkeit im Inventar Gegenstände nicht nur zu kombinieren, sondern sie auch in ihre Einzelteile zu zerlegen, kommt dabei rege zum Gebrauch. So ziemlich jeder tragbare Gegenstand kann auch irgendwann im Spiel benutzt werden, allerdings kann man bei den optionalen Rätseln diesen Zeitpunkt durchaus verpassen. Macht aber nichts, denn die haben ja - wie gesagt - keinen Einfluss auf die Geschichte. Allerdings kann dadurch das Inventar irgendwann überquellen.
Unnötig kompliziert Die Entwickler haben sich wohl gedacht, dass sie
besonders einfallsreich sind, wenn sie die Steuerung auf die Wiimote anpassen. Bei einem
Point & Click-Adventure kann man ja nicht viel falsch machen, sollte man meinen. So lässt
sich der Cursor auch wunderbar über den Bildschirm navigieren und nimmt automatisch das
richtige Aktionssymbol zum passenden Gegenstand an. Das war allerdings nicht genug. Nun muss
jede Tür geöffnet werden, indem die Wiimote gedreht wird, was sehr schnell sehr nervtötend
wird. Außerdem wurden bei einigen Rätseln unnötige Bewegungsabfragen eingebaut, sodass man
nun mit einer Schaufel auch wirklich die Erde wegheben muss. Da die Bewegungsabfrage dabei
auch noch unter aller Kanone ist, zuckt man oft verzweifelt vor der Bildschirm herum, in
der Hoffnung, der Gegenstand würde sich endlich bewegen.
Ich sehe tote Menschen Der Titel ist bereits 2005 für den PC erschienen
und schon damals war die Grafik nicht gerade der Rede wert. Die starren Hintergründe sehen
noch ganz annehmbar aus, aber die Charaktermodelle sind nicht nur klobig sondern auch
hölzern animiert. Aus den Hintergründen stechen diese Figuren jedenfalls unangenehm
heraus.
War das nicht anders? Die Packung rühmt sich damit, dass es neue
Wendungen und alternative Enden gibt. Im Spiel drückt sich das so aus, dass ein anderer Gast
als Mörder entlarvt wird als in der Vorlage und man ein paar wenige Personen vor ihrem
Schicksal retten kann. Von diesen Rettungen hängen dann auch die alternativen Enden ab, die
sich allerdings nur minimal voneinander unterscheiden. Die neue Auflösung ist außerdem so
stark an den Haaren herbeigezogen und wenig überzeugend, dass man froh ist, nach dem
Durchspielen die Möglichkeit zu bekommen, sich auch noch das Originalende zumindest als Text
noch vorgetragen zu lassen.
Fazit:
Point & Click-Adventures könnten auf der Wii dank der Wiimote ein neues Zuhause finden und
Agatha Christie: Und dann gabs keines mehr bietet durchaus solide Rätselkost. Leider
wird der Spielspaß durch zu viele Kleinigkeiten gestört. Das Öffnen der Türen verkommt zur
Qual und die richtige Atmosphäre will einfach nicht aufkommen. Dass die schwache Grafik für
die nun fast 3 Jahre später erschienene Wii-Fassung nicht aufpoliert wurde, ist ebenfalls
unakzeptabel. Wer ein richtig gutes Point & Click-Adventure sucht, sollte zu Zack &
Wiki greifen. Wer das bereits durchgespielt hat, kann einen Blick bei Frau Christie
riskieren.
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