Agatha Christie: Das Böse unter der Sonne
Entwickler:
The Adventure Company
Publisher:
The Adventure Company
Genre:
Adventure
USK Freigabe:
Freigegeben ab 6 Jahren gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
30,95 €
Systeme:
PC
Testsystem:
IntelCore 2 Duo 2,4Ghz, Windows XP, 2048 MB RAM, GeForce 8800 GT 256
Anforderungen:
(empfohlen) Prozessor 2,0 GHz oder höher, DirectX 9 kompatible Grafikkarte mit 128 MB, 1,5 GB freier Festplattenspeicher, CD/DVD-ROM 16x, Win2000/WinXP/WinVista
Inhalt:
Es gab tatsächlich Zeiten, in denen Butler und Gärtner noch vom Verstand und nicht ausschließlich von technischen CSI-Spielereien des Mordes überführt wurden. Denken wir nur einmal mit nostalgisch verklärtem Blick an die Krimis von Agatha Christie. Wie langweilig wären unsere fiktiven Welten, ohne das Wissen über abstruse Motive und ohne Hercule Poirot. In dem Adventure Das Böse unter der Sonne darf der Spieler nun in die Rolle dieser literarischen Figur schlüpfen. Und ein kleines bisschen nachdenken...
Meinung:
Das Böse unter der Sonne ist eine Geschichte in einer Geschichte. Die Rahmenhandlung beginnt zur Zeit des Zweiten Weltkrieges, während eines Angriffs der deutschen Luftwaffe auf London. Aufgrund des Luftschutzalarms, sind Hercule Poirot und sein Freund Arthur Hastings, nun im Büro des belgischen Detektivs eingeschlossen. Um sich die Zeit sinnvoll zu vertreiben, will Poirot die Geschichte seines letzten Falles erzählen: ein Mord auf Seadrift Island. Auf dieser Insel spielt sich die eigentliche Handlung des Spiels ab. Der Spieler übernimmt also die Rolle von Arthur Hastings, der sich wiederum in die Rolle von Hercule Poirot versetzt.
Etwas um die Ecke gedacht, aber einfach verpackt. Während man in gewohnter Point-and-Click Manier durch das Spiel navigiert, wird man von Poirot wie von einem auktorialen Erzähler angeleitet. Der Spieler unterhält sich während des Spiels also nicht mit sich selbst, sondern mit einem fiktiven Charakter, in einem Büro in London. Fingerzeig Der Beginn in London, wird neben der Einführung in die Geschichte auch als eine Art Tutorial verwendet. Erklärt wird, dass die Steuerung ausschließlich über Mausbewegung und linke Maustaste funktioniert. Im oberen Bildschirmrand gelangt man über Buttons zum Inventar und zu den Optionen. Unkompliziert und bekannt.
Unter der Buttonleiste befindet sich außerdem ein Portrait, mit dem man zwischen den beiden Charakteren, und damit zwischen Büro und Insel, hin und herwechseln kann. Warum? Poirot bietet in seinem Büro den so genannten Finger des Verdachtes. Sollte der Spieler auf der Insel feststecken, darf man wechseln und den Zauberfinger befragen, was als nächstes zu tun ist. Wen soll ich als nächstes befragen? Wohin soll ich gehen? Und so weiter. Dem Geheimnis dieses mysteriösen Objekts, übrigens wirklich ein abgetrennter Finger, wird der Spieler im Verlauf der Handlung noch auf den Grund gehen dürfen.
Seadrift Island Auch wenn der geneigte Leser jetzt bereits reif für die Insel ist, bevor man sich auf den Fall stürzt, muss man sich noch drei Zwischensequenzen ansehen und eine lange Wartezeit hinter sich bringen, bis es endlich richtig losgeht. Hat man es dann geschafft in die Gestalt von Poirots zu schlüpfen, geht es ohne Umschweife los. D.h. Poirots Erkundung des Hotels und der Charaktere auf Seadrift Island beginnt, erst einmal ohne die Motivation eines konkreten Verbrechens. Tote wird es erst im Verlauf des fünften Kapitels geben.
Während man aus mehreren Optionen in einer Konversation wählen kann, wird Poirots Stimme aus dem Off nicht müde, sich zu beschweren. Er selbst hätte nämlich einige Fragen, die zur Verfügung stehen so nicht gestellt. Außerdem weigert er sich zum Beispiel, eine Leiter zum Strand herabzusteigen. Da der Meisterdetektiv nicht unbedingt über eine athletische Figur verfügt, ist das durchaus logisch, auch wenn der Weg unversperrt ist.
Solch ein Kniff wird im Spiel übrigens häufig angewendet. Wie Poirot in der Einführung selbst erwähnt, es handelt sich um eine erzählte Geschichte. Überflüssige Details, wie zum Beispiel die Begehbarkeit aller Zimmer und Charaktere, die nicht zu Handlung gehören, werden einfach weggelassen. Eine kreative Art die Unvollständigkeit der simulierten Adventurewelt zu erklären.
Ein Feature, welches eigentlich alle neuen Adventures haben sollten, ist erfreulicherweise auch in DBudS zu finden: Mit einem Doppelklick gelangt man sofort in den nächsten Bildschirm, ohne das der Charakter den ganzen Weg ablaufen muss. Trotzdem fehlt eine übersichtliche Verknüpfung der einzelnen Räume, z.B. durch eine Karte. Zu Beginn fühlt man sich etwas verloren auf der Insel und es braucht seine Zeit, bis man sich zurecht findet.
Die goldenen 20er Wenn das gelungen ist, sollte man einen Blick auf das Design werfen. Vergleicht man die Hintergründe mit Grafikbomben wie Crysis, kann DBudS zwar schwerlich mithalten, trotzdem ist die Grafik stimmungsvoll und erfüllt damit ihren Zweck. Die Mimik und Bewegungen der Figuren wirken aber auffallend steif. Außerdem hat man an vielen Handlungsorten mit der Einsamkeit zu kämpfen, was fast zu verzeihen ist, da die Atmosphäre zu einer Urlaubsinsel für Promis und Superreiche passt. Der gesamte Stil der Hoteleinrichtung bedient sich dabei aus dem Art Décor, übrigens ähnlich wie die schon 1982 erschienene Verfilmung des Buches.
Wer die Filmadaption kennt, muss beim Anblick von Poirot unvermittelt an Peter Ustinov denken. Leider kann sich dieser im deutschen Original nicht mehr selbst sprechen, trotzdem können die Dialoge und vor allem die Synchronsprecher mit der nötigen Qualität aufwarten. Da man alle Konversationen mit einem Doppelklick abbrechen kann, wird die Geduld außerdem nicht übermäßig strapaziert. Kleiner Wehmutstropfen: Stimmungsvolle Hintergrundmusik findet man fast nur im Menü, im Spiel hört man meist das unablässige Rauschen der Wellen.
Gehirnathletik Zum Schluss noch zum wichtigsten Punkt eines Adventures: die Rätsel. Die kleinen grauen Zellen von Poirot lösen zwar die Geheimnisse der Insel, der Spieler wird seine eigenen aber nicht besonders belasten müssen. Meist werden Gegenstände bloß eingesammelt und an der richtigen Stelle der Geschichte miteinander kombiniert. Die Lösung der Aufgaben ergibt sich außerdem oft aus dem Führen von Dialogen. Hierzu braucht man meist nur alle Optionen durchklicken und das war’s. Wer trotzdem einmal nicht weiterweiß, der kann den oben erwähnten Finger des Verdachtes einsetzten, was aber kaum nötig sein wird.
Das Auslösen bestimmter Trigger, um einen Lösungsweg freizuschalten, findet sich auch in diesem Spiel. So muss z.B. eine Person beim Erhalt neuer Informationen ein weitere Mal angesprochen werden, um zur Lösung zu gelangen. Das nervt zwar etwas, war aber z.B. bei Runaway viel schlimmer.
Fazit:
Ein bekanntes Spielprinzip kombiniert mit einer durchschnittlichen Grafik und Rätsel für Anfänger ergibt: Mittelmaß. Zum Glück heben die gute Synchronisation und ausgefeilten Charakteren den Notendurchschnitt etwas. Außerdem ist die Bedienung, wenn auch nicht neu, sehr vorbildlich. Die Entwickler habe es im Großen und Ganzen geschafft, eine spannende Atmosphäre zu erzeugen und eine solide Geschichte zu erzählen. Runaway oder Ankh kann DBudS zwar nicht das Wasser reichen, darf aber wenigstens in einem Atemzug mit den beiden genannt werden.
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Autor der Besprechung:
Oliver Kilian
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