Stronghold 3 versteht sich selbst als schnelles Strategiespiel. Das wird nicht zuletzt von der erklärenden Stimme aus dem Off im Tutorial des Spiels behauptet. Zu dem Zeitpunkt bin ich als Tester und Spieler gespannt - und den Dingen, die da kommen werden, gegenüber unvoreingenommen. Ich freue mich darauf, euch im Folgenden an meinen Erlebnissen in der Welt von Stronghold 3 teilhaben zu lassen.

Wirtschaft oder Militär
Wer die Wahl hat… Jedenfalls darf ich zwischen einer Militärkampagne und einer Wirtschaftskampagne wählen. Diese Bezeichnungen sind durchaus programmatisch zu verstehen. Storytechnisch erobern wir erst das Reich zurück und bauen dann das vom Krieg geschundene Land wieder auf.

Vor und nach jeder Mission erklären slideshowähnliche, gut vertonte Sequenzen aus netten Schwarz-Weiß-Illustrationen die Story. Der Thronräuber ist zurück, der König ermordet, und der Schakal (eine Art Oberbefehlshaber der Armeen) zieht plündernd und brandschatzend durchs Land. Nur die Thronerbin ist mit einer Hand voll Getreuer entkommen, zu denen auch der Spieler gehört. Bist du in der Lage das Leben der rechtmäßigen Herrscherin zu bewahren und den verwaisten Thron wieder zu besetzen?

Mit dem zweiten Patch wurde der Kampagnen-Modus übrigens um die Möglichkeit erweitert, den Schwierigkeitsgrad für jede Mission wählen zu dürfen. Ein nützliches Novum.

Essen die Einwohner Strongholds mehr oder arbeiten sie langsamer?
Um nicht länger um den heißen Brei herum zu reden: Das Spiel war beim Verkaufsstart dermaßen verbuggt, dass auch die zwei schnell nachgeschobenen Patches der zu Recht in Panik geratenen Entwickler den Karren nicht mehr aus dem Dreck ziehen können.

Beispielsweise musste ich in der ersten Version jeweils 5 Plantagen und Käsereien bauen, um überhaupt mal etwas in meinem Kornspeicher zu haben. Ebenso sieht es bei der überlebenswichtigen Produktion von Lanzen aus. Unter drei Werkstätten läuft da nicht viel. Aber auch diese Schwierigkeit haben Spieler und Fachpresse scheinbar lautstark genug geäußert. Das Nahrungsketten-Balancing wurde verbessert und mittels Tastenkombination lässt sich das Spielgeschehen drastisch beschleunigen. Warum nicht gleich so? Warum habe ich allerdings nach wie vor keinen Überblick über die Ressourcen? Zum Beispiel in einer Art Info-Bereich am oberen Bildschirmrand wie in Age of Empires? Dafür muss ich mir immer erst den Kornspeicher suchen… Es fehlen an allen Ecken und Enden Komfort-Funktionen, um den Spielablauf flüssiger und abwechslungsreicher zu gestalten.

Burgenbau in Stronghold 3
Eigentlich hätte ich trotz anfänglicher Enttäuschungen vermutet, dass wenn in diesem Spiel etwas reibungslos funktioniert, dass es der Burgenbau selbst ist. Schließlich hat man bei den Firefly Studios mittlerweile 10 Jahre Erfahrung bei der Entwicklung solcher Spielmechanismen. Dem ist nicht so. Häufig kann ich keine Treppen zu meinen in liebevoller Detailarbeit konstruierten Wällen bauen, da… Ich weiß auch nicht warum. Steine sind da, Platz ist da… Es geht einfach nicht! Abreißen, an der gleichen Stelle neu bauen - und plötzlich geht es. Immer wieder treten unerklärliche, nicht schließbare Lücken bei der Konstruktion von Wällen auf - und die ansonsten unterirdisch minderbemittelte KI findet genau diese Lücken, um die heimische Festung zu überrennen. Alles nicht so schlimm, denn es bleibt der gut funktionierende Militärbereich, um derartige Defizite aufzufangen…

Kriege führen in Stronghold 3
Habe ich mir eine endlich eine florierende Siedlung erarbeitet, ist es nur eine Frage der Zeit, bis diese von hungrigen Bären angegriffen oder von einer Meute Wölfe überrannt wird. Auch die Schweinepest oder spontan ausbrechende Feuer treten bevorzugt im ungünstigsten Augenblick auf. Aber so ist das Leben, und das ist bekanntlich Grundlage eines jeden Strategiespiels.

Was so gar nicht dem Leben weder im Mittelalter noch zu einer anderen beliebigen Epoche entspricht, ist die Tatsache, dass zwei Bären die Einwohnerschaft eines ganzen Dorfes vor den Augen des bewaffneten Burgherren ausradieren können. Und selbst wenn dieser mit Hilfe des Spielers geruht die unliebsamen Besucher zu bemerken, setzt er sich wie fast alle Einheiten des Spiels dermaßen langsam in Bewegung, dass ich in bester Dungeon-Keeper-Manier mit dem Cursor auf meine eigenen Einheiten eindreschen möchte, um den Gang der Dinge zu beschleunigen. Ätzend!

Banzai!
Im Ausgleich dazu rennen die Bogenschützen wieselflink - und zwar unabhängig davon, ob sie alleine oder im Verband einer größeren Streitkraft marschieren. Dementsprechend stehen sie stark gerüsteten Einheiten häufig alleine gegenüber, und werden niedergemetzelt bevor die eigentliche Schlacht überhaupt begonnen hat. Hier muss ich als Spieler also alle paar Sekunden nachregulieren. Das ist halb so wild, da ich die Einheiten wie schon beim ersten (!!!) C&C-Teil gruppieren kann… Ach nein, das funktioniert ja auch nicht. Natürlich steht bei all den bereits erwähnten KI-Glanzleistungen eine ausgereifte Wegfindung der Einheiten gar nicht zur Debatte, und so bleiben die Landsknechte gerne mal auf den Sprossen der Belagerungstürme oder den Treppen der Wälle hängen. Auch nach dem zweiten Patch.

Da man akustisch und optisch so gut wie gar nicht gewarnt wird, wenn die eigenen Einheiten gerade von einer Übermacht aufgerieben werden, merkt man erst am bitteren Ergebnis: Die eigenen Truppen ignorieren die Gegner selbst dann, wenn diese bereits die heimische Festung in Brand stecken. Die produzierten Einheiten lassen sich auch nicht direkt zur Front schicken, denn Sammelpunkte für einzelne Gebäude sucht man vergebens. Das erschwert es ungemein, einen Überblick über das Geschehen zu behalten, muss ich doch den Nachschub ständig manuell „abholen“. Die Minimap ohne Zoom, Nachverfolgungen oder gar Warnungen ist dabei keine Hilfe.

Aber trotzdem
Die Einheiten und Gebäude sehen ganz hübsch aus, das möchte ich dem Spiel gar nicht absprechen. Der Soundtrack ist teilweise richtig schön stimmungsvoll und erinnert an Minnegesänge. Der beratende Sprecher, der auf königlichen Besuch, Bären, Wölfe, Feuer, Hungersnöte, Feinde und dergleichen mehr hinweist, ist gut synchronisiert und hat Humor. Nicht zuletzt diesen Dingen ist es zu verdanken, dass hin und wieder ein entspanntes Gefühl aufkommt. Die Bürger haben genug zu Essen. Die Wälle sind besetzt. Der Rubel rollt. Manchmal macht es richtig Spaß… Bis zum nächsten Bug!

Man kann nur hoffen, dass Firefly mit den nächsten Patches das Spiel endlich hinbekommt.