Derart aufgeputscht, wartet auf Serien-Neulinge aber erst mal ein Schock in Form praktisch unzähliger, nicht sofort verständlicher Spielmodi. Zu den üblichen Varianten wie „Jetzt spielen“, „Saison-Modus“ und „Be a Pro“ kommen in diesem Jahr nämlich noch einige Neuerungen hinzu. Neben den bereits erwähnten „Winter Classics“ steht so u.a. auch noch die „Be a Legend“-Funktion zur Verfügung, deren Sinn sich letztlich aber sofort offenbart. Während der Spieler bei „Be a Pro“ einen beliebigen Athleten aus den Niederungen der Hockey-Ligen nach oben führt, agiert er bei „Be a Legend“ nicht als Durchschnittsakteur. So steht zuerst Jeremy Roenick zur Verfügung, mit dem dann nach und nach acht weitere Helden des Sports freigespielt werden können. Letzter in dieser Reihe ist natürlich niemand geringeres als Wayne Gretzky.

Vielfalt
Ist diese extrem unterhaltsame Geschichtsstunde aber absolviert, warten faktisch noch unzählige weitere Möglichkeiten auf den Spieler, sich für weitere Stunden mit NHL 2012 zu beschäftigen. Was es auch sein soll - eine ganze Saison, eine Pokalrunde, einzelne Spiele - alles geht. Und das mit Spielern und Teams aus den verschiedensten Ligen.

Wer sich aber auch für das interessiert, was jenseits der Saisonspiele geschieht, kann sich natürlich auch wieder als Manager seines Teams versuchen. Daran sollte man sich allerdings nur wagen, wenn man die zahlreichen Begrifflichkeiten des Eishockeys kennt und auch das dahinter verborgene System rund um Drafts, etc. versteht. Wer die schnelle Action sucht, wird als verantwortlicher GM keine große Freude haben.

Damit nicht genug, wartet natürlich noch die Welt des Online-Eishockey auf den interessierten Spieler. Auch hier steht es jedem frei, ob er z. B. im Duell gegen einen beliebigen Gegner oder aber als Sechser-Team gegen ein anderes antreten will. Für all das gibt es natürlich Ligen und Turniere, die von der über Jahre eingespielten Serien-Community natürlich auch intensiv genutzt wird.

Wem das aber zu simpel ist, der wird sich mit Hingabe in den „Hockey Ultimate Team“-Modus stürzen. Diese in den Staaten sehr beliebte Variante basiert auf Online-Sammelkarten der NHL-Stars, die der Spieler sammelt und zur Teamzusammenstellung nutzt. In Kombination mit den eigentlichen, aktiven Spielern dürfte das gerade Daten-Fanatiker restlos glücklich machen.

Technisch hingegen offeriert EA bekannt gute Kost. Zwar wurde das Grafikgerüst des Spiels seit letztem Jahr nicht grundlegend verändert oder überholt, doch das ist auch nicht nötig. Denn dank zahlreicher neuer bzw. verbesserter Details sieht NHL 2012 noch immer blendend aus. Zahlreiche optische Details, eine immer realistischer inszenierte Umgebung - sogar die Platzhalter-Spieler auf der Ersatzbank wurden durch die wirklichen Spieler ersetzt - und ein beeindruckendes Animationssystem machen den Titel zu einer Augenweide. Gerade die Überarbeitung des letztgenannten Punktes ist besonders hervorzuheben: Dank der neuen „Full Contact“-Physik-Engine sahen Checks nie besser aus, flogen Gegner nie befriedigender über die Bande.

Stichwort Check: War es bisher nicht möglich, den gegnerischen Keeper mit viel Körpereinsatz zu bearbeiten, stellt der Angriff auf den Torwart nun kein technisches Tabu mehr da. Das erhöht weiter den Realismus des Titels, auch weil mancher Schlussmann irgendwann die Handschuhe fallen lässt und zum obligatorischen Faustkampf übergeht.

Wie hoch das Risiko diesbezüglich ist, wird in NHL 2012 über festgelegte Charakterzüge der Spieler gesteuert. Eben eine sinnvolle weil realistische Aufwertung, beschränken diese sich aber natürlich nicht auf die Keeper bzw. deren Aggression. Auch Feldspieler sind z. B. besonders einfallsreich, Verteidiger besonders standfest. Alles in allem gibt das NHL 12 deutlich mehr Persönlichkeit.

So werden die Spiele, begleitet wie immer von einem überraschend guten Kommentar und dem gewohnt geschmackvoll ausgewählten EA-Soundtrack, zu einem umfassend ansprechenden Erlebnis. Die Spieler peitschen, optisch wunderbar anzusehen, über das Eis, um sie herum explodiert das Stadion bei jeder guten Szene, die Szenerie ist erfüllt von Schreien, dumpfem Klatschen und dem Kratzen von Eiskufen. Immer wieder sind die bekannten Jingles und auch Kommentare der Akteure zu vernehmen, Langeweile kommt so nicht auf. Kurz: Wer daran, wie NHL '12  Eishockey simuliert, nicht seine Freude hat, mag den Sport oder Videospiele generell nicht. Oder beides.

Daran ändert auch nichts, dass in manchen Szenen natürlich immer wieder deutlich wird, worum es sich bei NHL 2012 handelt: Eine digitale Simulation. Denn bei der passiert es eben einfach manchmal, dass eine Spieleranimation falsch läuft und schreckliche Verrenkungen zu Folge hat. Oder dass der eigene Mitspieler völlig sinnlos den gegnerischen Keeper ausknockt, Sekundenbruchteile bevor der Puck in dessen Netz einschlägt. Kurz: NHL 12 weist als Simulation natürlich noch einige Fehler auf, die den Unterschied zur Situation deutlich aufzeigen. Schaden kann das ja aber nicht, auch weil die Entwickler sonst ja nichts mehr zu entwickeln hätten.

Entsprechend ist NHL '12 jedem Interessierten klar zu empfehlen, so und nicht anders muss eine Eishockey-Simulation aussehen. Sicher, im Vergleich mit dem Vorgänger hat sich nichts Spektakuläres verändert. Doch die schiere Masse an sinnvollen Detailänderungen in Kombination mit der theoretisch fast unendlichen Spielzeit relativiert die Neuanschaffung absolut.